Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 160. Sitzung / Seite 136

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Es ist natürlich unangenehm, einen solchen Umstand hören zu müssen, denn er be­deutet nichts anderes, als dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch diese Poli­tik verraten wurden. Und das BZÖ und die FPÖ haben da sechs Jahre lang mitge­macht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Und der ÖGB!)

Das Schlimme dabei ist, dass Sie auch die Erwartungen wesentlicher Teile jener Klien­tel, die neben vielen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gehofft hat, eine Regie­rung zu bekommen, die auf ihrer Seite steht, bitter enttäuscht haben. Das sind die Hunderttausenden kleinen und mittleren Unternehmen. Sie sind es nämlich, die in all diesen Jahren nicht jene Rekordgewinnzuwächse verzeichnen konnten, die die Groß­unternehmen hatten. Nein, sie sind es, die Jahr für Jahr – und inzwischen das dritte Jahr in Folge – einen Pleitenrekord nach dem anderen erleben mussten.

Ich weiß schon, da sind dann jeweils die Einzelnen schuld, nie Sie selbst, denn selbst hat man eine perfekte Politik gemacht. Wir loben uns für das Wirtschaftswachstum – so wie es Herr Bartenstein gestern gemacht hat. Österreich ist an der 18. Stelle in der Europäischen Union, im letzten Drittel! (Abg. Dr. Stummvoll: Überdurchschnittlich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Dass Sie von Pleite reden, ist vermessen!) Unfassbar, welche Selbstbeweihräucherung Sie an den Tag legen!

Diese Chuzpe zu entwickeln, sich in solch einer Situation, statt sich ernsthaft Gedan­ken zu machen, wie man diese evident gewordene Schieflage behebt, selbst zu be­weihräuchern, ist peinlich, Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wenn Sie die Frage der Verschuldung ansehen, dann schauen wir uns doch gleich den Teil an, wo Sie – ja, Kollege Fasslabend! – mit verantwortlich sind, weil bei jeder Abstimmung aufgestanden, nämlich die schlechte Entwicklung bei den Steuern!

Der Herr Finanzminister hat doch tatsächlich – wenn wir schon vorhin das Wort „Chuzpe“ verwendet haben (Ruf bei der ÖVP: Reden Sie im Pluralis Majestatis?) – am 10. Juli bei der Präsentation des Wirtschaftsberichtes der Regierung – nein, zitiert wurde es am 10. Juli, danach konnten es alle nachlesen – folgende Aufforderung aus­gesprochen: „Ich ersuche Sie ganz dringend, sich entlastet zu fühlen.“ – Wissen Sie, was das für die Mehrheit bedeutet? – Dass sie sich ganz dringend sehr gefrotzelt füh­len muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sagt dieser Finanzminister, obwohl wenige Tage vorher die Schlagzeilen in den Zeitungen ganz anders gelautet haben, nämlich: Nichts da mit einer Reduktion der Lohnsteuer! Nein, allein 400 Millionen € mehr an Lohnsteuer gegenüber dem Vor­jahr 2005. (Abg. Kopf: Gott sei Dank!) Und genau in dieser Situation kommt der zy­nische Ausspruch: „Ich ersuche Sie ganz dringend, sich entlastet zu fühlen.“ (Abg. Dr. Fasslabend: Mehr Arbeitsplätze! Das ist der Grund!)

Der wohl nicht gerade als linkssozialistisches Kampfblatt bekannte „Kurier“ untertitelt das zu Recht mit: Progression trifft den Mittelstand.

Die Überschrift der „Oberösterreichischen Nachrichten“ – auch nicht gerade ein Partei­organ linker Kreise – lautet: „Wir mussten noch nie so viel Steuer zahlen wie jetzt.“ – Und die „Oberösterreichischen Nachrichten“ haben Recht. Sie haben auch Recht mit der Untertitel-Zeile: „Noch nie wurde so viel Lohnsteuer gezahlt wie jetzt.“

Sie knöpfen diesen Menschen, deren Lohnanteil am BIP zurückgegangen ist, die höchste Steuer seit je ab! Mit jeder Abstimmung ... (Abg. Rädler: Sie haben nicht Recht!) Ich verstehe Ihre Empörung. Sie ärgern sich wahrscheinlich selbst, dass Sie mit aufgestanden sind, aber Sie werden sich dafür verantworten müssen. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Rädler und Hornek.) Sie sind bei der Abstimmung aufgestan­den, Sie sind damit verantwortlich für diesen Beutezug in den Geldtaschen der arbei-


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