Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / Seite 27

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

zungsweise insgesamt 50 Mio. Euro - für SchülerInnen, die eine Wiederholungsprüfung absolvieren müssen; gegen den Kauf von Schulbüchern, die Eltern trotz der Schul­buch-Aktion selbst bezahlen müssen, da sie für einzelne Unterrichtsgegenstände nicht vorhanden sind; gegen das Nichtverlängern von LehrerInnen-Dienstverträgen und ge­gen endlos lange Wartelisten für AbsolventInnen von Lehramtsstudien, die dringend auf eine Anstellung warten. Einige junge Lehrerinnen wollen eine Familie gründen, haben aber Angst, ihren Job zu verlieren!

Eine kürzlich im Auftrag des Gallup-Instituts durchgeführte Umfrage untermauert die Sorgen der Menschen über die Zukunft ihrer Kinder: 64 % der ÖsterreicherInnen sind mit dem Ausbildungsniveau in den Schulen nicht zufrieden. Fast alle Eltern sind der Meinung, dass sich das Schulsystem in den letzten Jahren verschlechtert hat. Die Ur­sache für diese enorme Unzufriedenheit liegt im radikalen Sparkurs, den die Schüssel-Regierung seit ihrem Amtsantritt in der Bildungspolitik gefahren ist - so betrug der An­teil des Unterrichtsbudgets 1999 noch 2,77 % des BIP, 2006 ist der Anteil auf 2,36 % gesunken - und bei den Schulen katastrophale Auswirkungen zeigt: Durch LehrerIn­nen-Abbau - allein in den Pflichtschulen 5.500 - und durch die Kürzung von Unterrichts­stunden kann das ursprünglich vielfältige Angebot im Unterricht, welches das österrei­chische Schulsystem einmal kennzeichnete, nicht mehr aufrecht erhalten werden. Ins­besondere der Förderunterricht für Lernschwache, aber auch für Begabte und Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie die Integration von Kindern mit nicht­deutscher Muttersprache sind betroffen. Mathematik, Naturwissenschaften, Sprachen, Sport und die musisch kreativen Fächer fielen dem Schüssel-Grasser-Gehrer-Kahl­schlag ebenfalls zum Opfer. Die Folgen für die betroffenen SchülerInnen und Eltern: Überfüllte Klassen, viele Kleinschulen mussten geschlossen werden - die Chancen­gleichheit ist auf der Strecke geblieben!

Viele Studien beweisen, dass Kinder aus bildungsferneren Schichten und aus Haushal­ten mit niedrigem Einkommen kaum mehr Chancen auf eine höhere Bildung haben. Unser Schulsystem ist in den Schüssel-Jahren äußerst selektiv geworden und es ist nicht gelungen, soziale Unterschiede im Bildungswesen zu kompensieren.

Eine Studie der Österreichischen Raumordnungskonferenz unter dem Titel „Räumliche Disparitäten im österreichischen Schulsystem“ macht darauf aufmerksam, dass die Bil­dungschancen ist Österreich regional ungleich verteilt sind. Die Übertrittsquoten von der Volksschule in die AHS-Unterstufe schwanken je nach politischem Bezirk beträcht­lich zwischen unter 1 % bis über 70 %. Grund für die ungleichen Bildungschancen ist die mangelnde Verfügbarkeit von allgemein bildenden höheren Schulen nahe dem Wohnort.

Univ.-Prof. Dr. Heinz Fassmann vom Institut für Geographie und Regionalforschung an der Universität Wien fasst zusammen: „Der räumliche Wohnstandort ist neben Einkom­men und sozialer Herkunft der Eltern bzw. persönlicher Begabung einer der drei wesentlichen Faktoren für die Bildungschancen und er warnt davor, dass das Netz der Standorte von höheren Schulen angesichts sinkender SchülerInnenzahlen nicht aus­gedünnt werden darf. Generell lasse sich sagen, dass ‚in den peripheren Gebieten Bil­dungsreserven liegen, die gehoben werden könnten’. Die Unterschiede zwischen Hauptschule und AHS-Unterstufe würden in der weiteren Bildungskarriere im Prinzip fortdauern“. (Salzburger Nachrichten, 27.6.2006)

Die zunehmend schleichende „Privatisierung“ des öffentlichen Schulwesens reduziert die Chancen der österreichischen Kinder: Nicht nur durch ständig steigende private Kosten für die Nachhilfe - mittlerweile sind es insgesamt 140 Mio. Euro jährlich - müs­sen die Eltern noch zusätzlich Geld für fehlende Schulbücher, Unterrichtsmaterialien, Nachmittagsbetreuung und Schulveranstaltungen berappen - das sind bereits für jedes Kind 1.850 Euro jährlich!

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite