Das Problem, das dahinter steht, ist: Sie können es nicht nur nicht, sie wollen es auch nicht! Frau Bundesministerin Gehrer hat als Bilanz ihrer Bildungspolitik gemeint, sie habe alles „goldrichtig“ gemacht. „Goldrichtig“ – das heißt, sie geht davon aus, dass die Maßnahmen, die sie gesetzt hat, gut für das österreichische Bildungssystem wären. Das heißt, es liegt Vorsatz vor, nicht Fahrlässigkeit: Vorsätzlich wurde das österreichische Bildungssystem in diese Situation gebracht!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man nicht einmal
nach zehn Jahren als Bildungsministerin imstande ist, sich selbstkritisch mit
den eigenen Ergebnissen auseinander zu setzen, nämlich mit dem Absinken
bei den PISA-Ergebnissen, mit der Frustration der Lehrer und mit der Situation,
dass 64 Prozent aller Eltern mit der Schule nicht zufrieden sind, sondern
meint, alles wäre „goldrichtig“ gewesen, dann ist das eine Art
von Realitätsverdrängung, die eigentlich nur eine Konsequenz
zulässt: Am besten, Sie treten ab, Frau Bildungsministerin! Das wäre
der einzig sinnvolle Schritt. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir bei der Bildungspolitik, die Sie machen, oft die Frage gestellt: Was haben Sie eigentlich gegen gut ausgebildete junge Menschen? (Abg. Schöls: Wie viel verdient der Präsident Verzetnitsch ...?) Was haben Sie dagegen, dass es mehr Studenten gibt, dass mehr Kinder in Österreich mehr lernen? (Abg. Dr. Brinek: Gibt es eh!) Mögen Sie kritische junge Leute nicht? Mögen Sie es nicht, wenn es eine aufgeklärte, gut ausgebildete Jugend in unserem Land gibt? Was ist Ihr Problem? Oder haben Sie ein Problem damit, wenn Bildung in unserem Land breit gestreut ist, und gehen Sie davon aus, dass höhere Bildung nur einer vermeintlichen Elite zugänglich sein soll? Was ist Ihr Problem damit? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ganz offensichtlich betreiben Sie in der Bildungspolitik nicht nur Stillstand, sondern Sie gehen in einem rasanten Tempo in die bildungspolitische Steinzeit zurück. Das Problem ist, dass die Kinder und Jugendlichen darunter zu leiden haben, weil es nämlich um ihre Zukunftschancen geht. (Von einigen Abgeordneten der ÖVP werden neuerlich Tafeln mit der Aufschrift „Typisch Wahlkampf“ hochgehalten.)
Soll ich Ihnen etwas sagen? – Die Realitätsverdrängung der ÖVP liegt ja klar auf der Hand. Überall, wo es Probleme gibt, sagt die ÖVP: Das gibt es alles nicht, alles bleibt besser. So, wie bei der Pflege der Herr Bundeskanzler gemeint hat, es gebe keine Probleme bei der Pflege, so sagt die Frau Bundesministerin, es war alles „goldrichtig“, was sie in der Bildungspolitik gemacht hat.
Ich sage Ihnen: Die Qualität einer Bildungspolitik bemisst sich zum einen am internationalen Vergleich – der ist leider katastrophal. Sie bemisst sich an der Zufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer – die sind frustriert. Sie bemisst sich an der Zufriedenheit der Kinder – die sagen: Wir wollen mehr Möglichkeiten haben. Und sie bemisst sich auch an der Zufriedenheit der Eltern – und da sagen 64 Prozent, dass sie mit der derzeitigen Schule nicht zufrieden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der
Bildungspolitik ist es dringend erforderlich, dass es in Österreich
einen Kurswechsel gibt und dass wir für eine moderne, soziale und
integrative Bildungspolitik in Österreich sorgen, die den Kindern mehr
Chancen und Möglichkeiten bietet. Das ist dringend erforderlich! (Beifall bei der SPÖ.)
Es wird sonst nämlich die Bildung leider wieder zur sozialen Frage. Was hier stattfindet, das ist eine Auslagerung der Aufgaben von der Schule hin zu den privaten Haushalten. Da gekürzt wird – Lehrer, Schulstunden und Bildungsmöglichkeiten –, muss natürlich mehr zu Hause erledigt werden. Daher steigen auch die Kosten für die Nachhilfe enorm an, und dass das für viele Eltern eine enorme finanzielle Belastung darstellt,