Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / Seite 51

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und in den Pflichtschulen, und zwar nicht nur in Wien, sondern ganz allgemein in Ös­terreich in den letzten Jahren los war.

Herr Amon, das betrifft auch Sie persönlich! Sie haben sich offenbar nicht dafür inter­essiert, was es heißt, mehr als 5 000 Posten von Pflichtschullehrerinnen und Pflicht­schullehrern in den letzten Jahren zu streichen. (Abg. Amon: Ich bin mehr an Schulen als Sie!)

Sie sind Weltklasse, meine Damen und Herren von der ÖVP, aber Weltklasse im Pro­blem-Leugnen und im Nicht-wahrnehmen-Wollen von Problemen! Dann macht man sich natürlich über entsprechende Lösungen auch keine Gedanken. Jede Kritik wird von dieser Bundesregierung als Majestätsbeleidigung empfunden. – Na schön: Majes­tät! Unser Vertrauen haben Sie nicht mehr, wenn Sie das unbedingt hören wollen! (Hei­terkeit und Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ganz kann ich auch die Sozialdemokraten nicht aus der Pflicht entlassen. Die 5 000 Streichungen von Lehrerinnen- und Lehrerposten in der Vergangenheit fanden mit der Zustimmung der sozialdemokratischen Landeshauptleute statt. Das waren Ver­einbarungen im vorvergangenen Finanzausgleichsgesetz, das mit Zustimmung der SPÖ abgesegnet wurde. Ich kann mich gut erinnern, wie wir Bürgermeister Häupl – eine andere Majestät – in diesem Punkt kritisiert haben, was ihm damals sehr zuwider war.

Aber immerhin kann man mit Schiller sagen: Spät kommt ihr, doch ihr kommt! – Die SPÖ auf Bundesebene hat die Botschaft nun verstanden, dass es so nicht weitergeht. Aber damals waren Sie dabei, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten. Sie haben die Dramatik der Entwicklung damals auch nicht erkannt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter: Das rote Wien!)

Aber heute ist es wirklich schlimm. Ich glaube, wenn ich Kabarettist wäre, würde ich verzweifeln an meinem Beruf! (Abg. Rädler: Ja, keine Besucher! – Heiterkeit bei der ÖVP.) Denn wie kann man das noch überbieten, was die ÖVP hier macht? Sie strei­chen 5 000 Posten von Lehrern und Lehrerinnen. Die Schüler- und Schülerinnenzahl pro Klasse steigt. Fast 10 Prozent aller Schüler und Schülerinnen sitzen in Klassen mit über 30 Schülern, was an sich schon gesetzwidrig ist.

Heute, drei Wochen vor der Wahl, kommen Sie daher und stellen einen Antrag, dass Bundesministerin Gehrer, zuständig für Bildung, Wissenschaft und Kultur, doch umge­hendst die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 begrenzen möge. Nach sechseinhalb Jah­ren Schwarz-Blau und Schwarz-Orange und davor Schwarz-Rot beziehungsweise Rot-Schwarz, nämlich Bildungsministerin Gehrer – ich habe die Übersicht verloren, ob sie jetzt schon zehn oder zwölf Jahre für die Bildungspolitik bei der ÖVP zuständig ist –, kommen Sie jetzt, drei Wochen vor der Wahl, auf einmal drauf, dass es zu viele Schü­ler und Schülerinnen pro Klasse gibt, was es den Lehrerinnen und Lehrern unmöglich mache, auf das Individuum, das einzelne Kind einzugehen! – Für wie blöd halten Sie die Leute da draußen eigentlich?! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt kommt die Frau Ministerin hierher ins Parlament und sagt: Wir – gemeint ist die ÖVP – kümmern uns um jedes einzelne Kind. – Haben Sie das wirklich in den letzten Jahren getan? Müssen Sie deswegen jetzt und heute, drei Wochen vor der Wahl, einen Antrag stellen, dass es zu viele Kinder pro Klasse gibt und dass es gar nicht möglich ist, auf das einzelne Kind einzugehen? Genieren Sie sich nicht wenigstens ein bisschen für diese Versäumnisse in der Schulpolitik? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

 


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