Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 48

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Gla­wischnig-Piesczek. Ihre Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


10.49.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Das ist nun heute das recht unpompöse „Begräbnis“ des so ge­nannten Österreich-Konvents. Was bedauerlich ist, ist, dass, obwohl tatsächlich viele, viele Arbeitsstunden – viele unbezahlte Arbeitsstunden – aufgewendet wurden und viele Expertinnen und Experten, viele Bürgerinnen und Bürger, die 13 anerkannten Religionsgemeinschaften, also viele Gruppen sich sehr konstruktiv beteiligt haben, die politische Klasse es letztlich nicht geschafft hat, eine Verfassungsreform – die unbe­stritten notwendig ist – über die Bühne zu bringen und sich auf einen Konsens zu eini­gen. Ich glaube, das sehen alle, die mitgearbeitet haben und die dabei waren, so. (Bei­fall bei den Grünen.)

Ich glaube, unbestritten ist auch – abseits jetzt von parteipolitischen Schuldzuweisun­gen –, wo das echte Problem gelegen ist, und es wurde ja schon angeschnitten: Eines der größten Probleme waren tatsächlich die Einstellungen der Landeshauptleute und der Bundesländer dazu. Wäre ihrerseits von Anfang an eine ernsthaftere Beteiligung im Österreich-Konvent gegeben gewesen – es gibt Landeshauptleute, die waren über­haupt nie im Österreich-Konvent, und es gab manche, die waren nur ein einziges Mal im Österreich Konvent –, hätte es von dieser Seite eine ernste Beteiligung gegeben, dann hätte es in diesem wesentlichen Feld der Verfassungsreform, in der Bundes­staatsreform, eine Chance gegeben.

Aber: Es gibt, glaube ich, keinen bequemeren Job in dieser Republik, als Landeshaupt­mann zu sein: man kann 95 Prozent der Mittel, die man einnimmt, wieder ausgeben, muss aber nicht für die Einnahmen verantwortlich sein – man muss keine Steuern ein­heben, man muss dazu gar nichts beitragen –, und ich hätte mir hier mehr Entgegen­kommen von allen Landeshauptleuten erwartet und nicht diese aus meiner Sicht wirk­lich fast peinliche Haltung: Es darf einem ja nichts weggenommen werden, denn das ist ein Schwächezeichen, und daher verhindern wir jede Modernisierung eines Bundes­staates! – Das war, glaube ich, der größte Kritikpunkt und das größte Problem dieses Österreich-Konvents, und das betrifft alle Parteien. Wir Grünen haben noch keinen Landeshauptmann gestellt, aber es hätte uns vielleicht auch betreffen können, hätten wir einen gehabt. Aber das war – offen und ernst gesprochen – das echte, größte Pro­blem dieses Österreich-Konvents.

Eine zweite Hürde, die nie genommen worden ist, war selbstverständlich der gesamte Bereich Grundrechte. Hier sind die Meinungen, entgegen den Aussagen vorher, sehr weit auseinandergegangen, was tatsächlich moderne Grundrechte, einen modernen Grundrechtskatalog, und vor allem deren Durchsetzung betrifft. Wir haben von plakati­ven Äußerungen in einer Bundesverfassung nur wenig, wenn nicht die Durchsetzung von Grundrechten auch durch ordentliche Verfahren garantiert ist. Daran aber hat es sich bis zum Schluss gespießt.

Und der dritte Bereich, der heute noch offen ist und der immer wieder auch als Defizit in der öffentlichen Wahrnehmung hervorkommt, ist die Frage der politischen Kontrolle, auch einer ordentlichen politischen Kontrolle hier im Parlament.

Es hat jetzt keinen Sinn, alle Vorschläge, die im Österreich-Konvent gemacht worden sind, oder eine Auswahl davon hier als Entschließungsantrag einzubringen, aber ich glaube, die Zeit rund um Wahlen beziehungsweise die erste Nationalratssitzung nach einer Wahl ist auch immer ein historisches Fenster, unter Umständen auch für mehr Kontrolle. Deswegen der Versuch, dass wir uns hier als Abgeordnete, die noch nicht wissen, wie sich die nächste Regierung zusammensetzen wird, wer die Kontrolleure


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