Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 98

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nen steht und was dann beschlossen werden wird. Das Thema Südtirol ist früher viel mehr mit Emotionen behaftet gewesen – auch Südtirol-Diskussionen hier im Hohen Haus –, als das heute der Fall ist. Südtirol ist Teil der Normalität geworden. Es gibt keine riesigen Probleme, es gibt nichts mehr Vergleichbares zu dem, was im Jahr 1962 dazu geführt hat, dass Bruno Kreisky dieses Thema vor die UNO gebracht hat. Histo­risch gesehen ist Südtirol für viele Jahrhunderte Teil Österreichs gewesen. 1946 wurde mit dem Gruber-De Gaspari-Abkommen zumindest die Grundlage für eine Autonomie geschaffen.

1992 – die Streitbeilegung hier im Hohen Haus. Vielleicht erinnern Sie sich – Kollege Schieder hat damals auch dazu gesprochen –, formell gab es damals schon unter­schiedliche Positionen. Die Redner hier haben alle gesagt: Österreich fühlt sich natür­lich weiterhin verpflichtet, darauf zu achten, dass diese Autonomie gewahrt bleibt, dass sie in der Substanz vielleicht vermehrt, aber keinesfalls vermindert wird.

Die offizielle italienische Position war schon damals: Der Streit ist beigelegt, und es gibt diese Funktion nicht mehr. Das hat man uns ja damals schon formell erklärt. In der Praxis all dieser Jahre hat nahezu jede österreichische Bundesregierung im einen oder anderen Fall in Absprache mit der österreichischen Minderheit in Südtirol Probleme mit der italienischen Regierung besprochen, hat der Unterausschuss Bozen und Südtirol besucht und mit allen Parteien, allen Fraktionen dort gesprochen. In der Praxis ist diese Funktion Österreichs nie bezweifelt worden. (Abg. Dr. Khol: Stimmt!) Sie ist an­erkannt worden, formal hat es sie nicht gegeben. Das ist die Realität. Es ändert sich daran im Wesentlichen ja auch durch diesen heutigen Beschluss bis dato nichts. Die österreichische Position, wie sie immer vertreten worden ist, wird heute nur noch einmal bekräftigt.

Es ändert sich aber eines mit diesem Beschluss – darauf möchte ich schon hinweisen, das ist tatsächlich etwas, was es bisher nicht gegeben hat, zumindest als Willenserklä­rung des Parlaments nicht –, und zwar das, was Kollegin Lunacek aus mir unerfind­lichen Gründen nicht zu brauchen scheint, nämlich, dass Österreich beziehungsweise dass dieses Hohe Haus mit einer Mehrheit sagt: Wir nehmen nicht nur etwas für uns in Anspruch, nämlich eine Schutzfunktion, sondern auch wir haben Minderheiten und re­spektieren, dass auch die Länder, deren Minderheiten das sind, ihrerseits eine solche Funktion ausüben können!

Kollegin Lunacek, ich frage mich bloß, wieso die slowenische Regierung – ich habe kein Problem damit – sich immer wieder äußert, zu Recht äußert zu Themen in Kärn­ten. Was ist denn das sonst? Das ist in völkerrechtlicher Terminologie das Wahrneh­men einer Schutzfunktion. Wir sagen in dieser Entschließung nichts anderes, als dass das auch akzeptiert wird und in einer künftigen Verfassung auch verankert werden soll.

Es ist nicht nur ein Anliegen der Südtiroler Bürgermeister und der Schützenorganisatio­nen in Südtirol und Nordtirol, sondern es war eigentlich in all den Jahren immer wieder Thema in den bilateralen Gesprächen und in den Gesprächen, die wir in Südtirol oder mit Südtiroler Vertretern hier oder in Innsbruck oder in Bozen gehabt haben, nämlich der Wunsch nach einer Verankerung in der österreichischen Verfassung. Sie haben schon Recht, Kollegin Lunacek: Wieso hat man das nicht früher gemacht? Das hätte man auch früher machen können. Der Wunsch wurde wirklich schon sehr früh ge­äußert, 1992, beim EU-Beitritt, genau zu diesen Daten. Na gut, jetzt ist der Konvent an ein Ende gekommen, jetzt wird es tatsächlich um eine neue Verfassung gehen.

Für uns hatte, sowohl, was Slowenien anlangt, als auch, was Südtirol anlangt, die Posi­tion der Minderheit immer absolute Priorität. Das heißt, wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gehen da nicht so heran, dass wir sagen: Wir sind klüger und wissen besser, was für euch gut ist und ihr zu wollen habt!, so wie Sie das jetzt tun,


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