Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung / Seite 17

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auch sehr deutlich: Reden Sie nicht von Kontrollverweigerung, sondern weisen Sie auch darauf hin, dass auch das Parlament im Rahmen der Gesetze, im Rahmen der Rechtmäßigkeit agieren muss!

Und da fängt es an. Wir haben Bedenken gehabt – dazu stehe ich, und das kann ich jederzeit auch öffentlich argumentieren –, dass gerade beim Banken- und beim Wirt­schaftsausschuss in der Formulierung des Untersuchungsgegenstandes weit über das Ziel geschossen wurde. Nach der Verfassung und nach der Geschäftsordnung ist der Nationalrat befugt, die Verwaltung des Bundes zu kontrollieren – nicht der Länder, nicht der Gemeinden und nicht der Privaten. Hüten wir uns davor, dass etwa der Nationalrat privates Handeln, private Geschäfte, private Kontenverbindungen in Frage stellt oder kontrolliert, denn dann sind wir sehr schnell bei einer Verletzung des Datenschutzes, bei einer Verletzung des österreichischen Bankgeheimnisses. Und das darf nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Das Bankgeheimnis ist natürlich ein sehr sensibles Gut. Ich habe mir das selber noch einmal angeschaut. Im § 38 des Bankwesengesetzes heißt es:

„Kreditinstitute, ..., Beschäftigte ... dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden ... anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren und verwerten. ... Werden Organen von Behörden sowie der Oesterreichischen Nationalbank ... Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis zu wahren, ...“

Es gibt einige definierte Ausnahmen in Richtung Gerichte.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist sogar mit einer Verfassungsbestimmung mit Zweidrittelmehrheit abgesichert. Als Bundeskanzler habe ich jahrelang dagegen international gekämpft, denn da hat es viele Versuche gegeben, das österreichische Bankgeheimnis aufzubrechen, zu knacken. Wir kämpfen aber für diesen Finanzplatz Österreich, wir kämpfen für die Sparer, für die Anleger, für die Kundenbeziehungen! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Ich appelliere daher dringend, dass man diese Grenzen wahrt und respektiert.

Ähnliches gilt natürlich auch für die Beziehungen, die österreichische Firmen, vor allem in Mittel- und Osteuropa, aufgebaut haben. Natürlich kann man alles diskutieren, das soll man ja auch tun in einer demokratischen Öffentlichkeit. Aber auch Untersuchungs­behörden, Untersuchungsinstitutionen des Nationalrates können sich nicht in ausschließlich private Geschäfte von österreichischen Unternehmungen einmischen. Denn: Wo würde das enden? Ich sage Ihnen ganz offen, es lauern eine ganze Reihe von internationalen Konkurrenten nur darauf, dass wir diese Dinge in Zweifel ziehen und skandalisieren. Die Konkurrenz schläft nicht, und international gibt es eine ganze Karawane von Leuten, die es natürlich genauso wie wir gut machen wollen in Mittel- und Osteuropa.

Daher sage ich auch, weil ja auch in jüngster Zeit einige Diskussionen aufgekommen sind in diesen Ländern: Hüten wir uns davor, dass wir das Einfallstor öffnen!

Deswegen habe ich auch mit SPÖ-Vorsitzendem Gusenbauer vereinbart, damit das außer Streit gestellt wird, dass wir in dieser Frage Gutachten einholen.

Es ist der Verfassungsdienst des Bundes ja eine, wie Sie wissen, zwar nicht formell weisungsfreie Behörde, hat aber de facto einen ganz besonderen Status innerhalb des Bundeskanzleramtes. Kein Bundeskanzler – auch ich nicht – würde es wagen oder auch nur versuchen, etwa seine persönliche Rechtsmeinung dem Verfassungsdienst vorzugeben. Ganz im Gegenteil, diese Behörde agiert völlig auf Grund eigener Überlegungen, eigener Entsprechungen, und es ist wahrscheinlich die beste verfas-


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