Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung / Seite 39

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

10.24.23

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch den Wechsel von Herrn Mag. Stadler aus der Volksanwalt­schaft in den Nationalrat ist eine Position in der dreiköpfigen Volksanwaltschaft vakant geworden. Auch die Grünen haben sich mit der entsprechenden Rechtslage beschäftigt und sind eindeutig zu dem Schluss gekommen, dass das Nachnominie­rungsrecht der freiheitlichen Fraktion, der Freiheitlichen Partei hier im Hohen Hause zusteht. Das betrifft die Periode bis zum 30. Juni 2007.

Das heißt allerdings nicht, dass wir jede beliebige Person akzeptieren können, welche die Freiheitlichen hier vorschlagen. Das betrifft insbesondere Hilmar Kabas, der von der Freiheitlichen Partei vorgeschlagen worden ist – Hilmar Kabas, der gesagt hat: „Es ist der Wiener, der mit der übergroßen Einwanderung vergewaltigt wird.“

Meine Damen und Herren von der FPÖ, der Volksanwalt hat laut Verfassungsgesetz jedermann in seinen Beschwerden zu unterstützen. Ich betone: Jedermann! – ob nun laut dieser Formulierung ein „potenzieller Vergewaltiger“ oder ein „potenzieller Ver­gewaltigter“.

Es war Hilmar Kabas, der laut darüber nachgedacht hat, ob Caritas-Heime in Öster­reich „Keimstätten des illegalen Drogenhandels“ sind. – Diese Äußerung wurde von der Caritas geklagt, und Herr Kabas musste sie zurücknehmen.

Es war Hilmar Kabas, der von Bundespräsidenten Klestil nicht als Minister der Bundesregierung im Jahre 2000 akzeptiert wurde.

Und es war Hilmar Kabas, der etwas später über Klestil gesagt hat: „Er“ – Klestil nämlich – „hat sich wie ein Lump benommen, und es ist eine Schande, dass wir so einen Präsidenten haben.“ 

Meine Damen und Herren, jeder in Österreich ist kritisierbar, auch der Bundespräsident oder ich oder sonst jemand in diesem Land, aber ganz sicher war Bundespräsident Klestil weder ein „Lump“ noch ein „Dump“ noch ein „Hump“, wie Kabas das später zu modifizieren versucht hat.

Aus diesen und anderen Gründen halten wir Herrn Hilmar Kabas für unqualifiziert für dieses relativ hohe Amt in der Republik Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Manchmal schlägt die Geschichte Kapriolen. Es gibt den Ausspruch „Nicht ohne Ironie ist es, dass heute...“, und so weiter. Der Ausdruck „Ironie“ ist heute, finde ich, unan­gebracht. Es ist eine Art sarkastischer Witz der Geschichte, dass einerseits ausgerechnet heute Sozialdemokraten, Volkspartei und Freiheitliche bei der Bestellung eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft für Herrn Hilmar Kabas stimmen werden und andererseits genau heute – gestern und heute – die Auswirkungen des Fremden­rechtspakets sichtbar werden, das damals von Sozialdemokraten, ÖVP und den Freiheitlichen samt dem jetzigen BZÖ beschlossen wurde (Abg. Mag. Darabos: Nein!) – nämlich Auswirkungen, die dazu führen, dass Tausende von Babys samt ihren Müttern in Österreich von bestimmten Sozialleistungen ausgeschlossen sind, insbe­sondere der Familienbeihilfe und dem Kindergeld, und unter Umständen sogar nicht einmal krankenversichert sind.

Das wurde damals von diesen beschlussfassenden Fraktionen – bewusst, nehme ich an – in Kauf genommen. Ich betone dabei ausdrücklich: Ich rede hier von legal aufhäl­tigen Müttern und ihren Babys; nicht von Aufhältigen ohne Aufenthaltstitel.

Die Aufregung ist vordergründig über einen Erlass von Frau Sozialministerin Haubner – vordergründig, sage ich –, denn unserer Meinung nach ist dieser Erlass nicht rechts­widrig, sondern durchaus im Bereich der zulässigen Interpretation der entsprechenden Gesetze im Rahmen des Fremdenrechtspakets. Dieser Erlass ist nicht rechtswidrig!


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite