Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 54

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Kindergeld, keine Familienbeihilfe bekommen, und zwar nicht deshalb, weil sie an sich keinen Anspruch hätten, sondern weil sie es nicht schaffen, sehr schnell die not­wendigen Dokumente herbeizuschaffen. Das kann nicht sein!

Das kann nicht sein, Frau Bundesministerin, und ich habe mir während der ganzen öffentlichen Debatte immer gedacht: Was empfinden Sie dabei? Was empfinden Sie dabei, wenn Sie lesen, was die paar Seiten Papier, die Sie da herausgegeben haben, für das Leben von Menschen bedeuten? Was empfinden Sie, wenn Ihnen vor Augen geführt wird, dass eine Mutter ihr Kind nur mehr mit einem Brei aus Wasser und Mehl füttern kann, weil sie überhaupt kein Geld zum Leben hat? (Abg. Ing. Westenthaler: Unglaublich, was Sie da sagen!) Was empfinden Sie dabei, wenn Sie lesen, dass eine andere Mutter ihr Kind nur mehr mit Plastiksackerln wickeln kann, weil sie sich keine Windeln leisten kann? Was empfinden Sie dabei, wenn eine andere Mutter wiederum erzählt, sie ist nach ein paar Monaten draufgekommen: Um Gottes willen, ich habe ja gar keine Versicherung für mich und mein Baby gehabt!?

Und jeder/jede von uns, der/die irgendwann ein Baby gehabt hat, weiß, wie man zittert, wenn mit dem Kind auch nur ein bisschen etwas los ist, geschweige denn etwas Ärgeres. Dazu soll es nicht kommen.

Ich habe mich gewundert, dass Sie nicht sofort gesagt haben: Um Himmels willen, was ist mir da für ein Fehler passiert! Wie kann ich das rückgängig machen, um sofort dieses Leid zu stoppen? – Wie können Sie wochenlang zuschauen, wie junge Mütter mit neugeborenen Kindern sich derartige Sorgen machen müssen? Wie können Sie zusehen, dass Sie Tränen, schlaflose Nächte und so große Verzweiflung auslösen?

Die Öffentlichkeit hat von Ihnen erwartet, rasch zu handeln. Sie haben es nicht getan. Sie sind aufgefordert worden, umgehend diesen unmenschlichen Erlass zurück­zuziehen. Sie sind leider starrköpfig und sehr hartherzig geblieben, Frau Bundes­ministerin. Und wissen Sie, was viele besonders empört hat? – Dass Sie, Frau Bundes­ministerin, Sie persönlich und Ihre Politik, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben, vor vielen Wochen von den österreichischen Wählern und Wählerin­nen abgewählt worden sind. Sie sind vom Bundespräsidenten nur mehr beauftragt, provisorisch die Geschäfte zu führen, aber Sie haben nicht mehr derart schwerwie­gende Entscheidungen zu treffen! (Abg. Scheibner: Wer sagt das?) Sie haben das nicht mehr zu machen!

Ich verstehe, dass Ihnen die grüne Fraktion das Misstrauen ausspricht. Ich spreche Ihnen auch aus ganzem Herzen das politische Misstrauen aus, aber wir werden dem Antrag der grünen Fraktion nicht zustimmen. Die Wähler und Wählerinnen haben Ihnen bereits das Misstrauen ausgesprochen. Sie sind für eine derartige Politik abgewählt! (Abg. Scheibner: Wie viele Mandate haben Sie dazu gewonnen?) Und wenn wir hier nicht zustimmen, heißt das wirklich nicht, Frau Bundesministerin, dass wir Ihnen das Vertrauen aussprechen, sondern dass wir der festen Überzeugung sind, dass das Misstrauen, das Ihnen die Wähler und Wählerinnen ausgesprochen haben, schwer genug wiegt.

Und es wird in Kürze eine Bundesregierung geben, der Sie ohnehin nicht mehr ange­hören werden – und das mit gutem Recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Anders als Sie, Frau Bundesministerin, haben viele Menschen in diesem Land reagiert, die erschüttert waren über das, was sie in den Zeitungen lesen mussten. Es ist eine große Welle der Hilfsbereitschaft in Gang gekommen, und ich möchte auch von dieser Stelle allen Menschen ein sehr herzliches Dankeschön dafür aussprechen, dass sie so spontan, unverzüglich und großherzig gespendet haben, Geld gespendet haben, Sachleistungen gespendet haben. Es ist immer wieder eindrucksvoll, wie in Österreich gleich eine Welle von Hilfsbereitschaft ausgelöst wird. Und diese Menschen erwarten


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