Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 58

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sondern wir brauchen in Österreich einen Bundeskanzler, der sein Wort hält. Genau deswegen trete ich am Sonntag an. – Zitatende.

Das hat Alfred Gusenbauer drei Tage vor der Nationalratswahl bei der Wahlabschluss­kundgebung der SPÖ gesagt. Und wenige Tage vor der Wahl erschien eine Mitglie­derinformation der SPÖ: Ich werde mein Wort halten – Alfred Gusenbauer, mit seinem Konterfei darauf.

Es ist schon bezeichnend, was in der Zwischenzeit passiert ist. Jetzt könnten Sie sagen: Na ja, die Opposition kritisiert das immer. Auch hier Zitate nach der Wahl: „Erstmals in der österreichischen Nachkriegsgeschichte wird einer zum Bundeskanzler ernannt werden, der sein politisches Gewicht eingebüßt hat, noch bevor er überhaupt sein Amt antritt.“ „Die Jämmerlichkeit des Lächelns, mit der Gusenbauer die Nieder­lage, die jeder sieht, als Erfolg zu verkaufen sucht, die Hilflosigkeit, mit der Cap die Art, wie die SPÖ der ÖVP ins Messer lief, als unvermeidliches Schicksal darstellt, hat den beiden den letzten Rest von Glaubwürdigkeit genommen.“ – Das schreibt Peter Warta im „Standard“ am 10. Jänner.

Oder Michael Völker schreibt, ebenfalls im „Standard“, am 9. Jänner: „Alfred Gusen­bauer ist Bundeskanzler – mit heruntergelassenen Hosen.“ „Die SPÖ hat praktisch zum Regierungsantritt bereits alle Versprechen und Ankündigungen gebrochen, die sie im Wahlkampf als Slogans ausgegeben hat.“ „Gusenbauer startet als Kanzler mit der schweren Last gebrochener Wahlversprechen, mit einer nahezu lächerlichen Minister­liste und einem Regierungsprogramm, das gerade den SPÖ-Anhängern ganz schwer verkäuflich ist.“

Zuletzt Peter Rabl im „Kurier“ am 14. Jänner: „Nie zuvor hat ein Kanzler einen so schlechten Start hingelegt wie Gusenbauer.“ Es sei „unerträglich geworden, wie der neue Kanzler Alfred Gusenbauer seinen rundum misslungenen Start schönzureden und schönzurechnen versuchte“. „Aufgedreht fröhlich, aufgesetzt locker, deutlich über­heblich. Frei nach einem Zitat Henry Kissingers war er zutiefst beeindruckt von sich selbst.“ „Die Medizin kennt das Phänomen, dass stark erregtes Begehren das Denk­vermögen beschränkt. Gusenbauer zeigt alle Symptome von Kanzlergeilheit“, schreibt Peter Rabl.

Und genau das ist die Frage, die wir uns heute nach diesen Ereignissen der letzten Woche stellen, wo Handschlagqualität nicht mehr gilt, wo Vertrauen und Hoffnung gebrochen worden sind bei der Jugend, bei Wählern, bei Bürgern, bei Mitgliedern auch der Sozialdemokratischen Partei. Die Frage, die zu stellen ist, Herr Dr. Gusenbauer, bei allen schönen Sätzen des Regierungsübereinkommens: Ist es das wert? Oder was ist es denn wert, die Menschen so zu täuschen und hinters Licht zu führen dafür, dass man sich einen Sandkistentraum erfüllt, dass jetzt Menschen da stehen, die sich fragen: Wozu war ich eigentlich wählen, wozu war ich dort, was hat diese Wahl eigentlich gebracht, wenn all das, was versprochen worden ist, nicht gekommen ist und dem Prinzip „Hauptsache Kanzler!“ geopfert worden ist?

Die Demonstrationen sehen wir im Fernsehen. Jetzt sagen alle: Das war auch im Jahr 2000 so. – Ja, es war so. Der Unterschied ist nur, dass damals die Demonstran­ten gegen eine andere Partei demonstriert haben. Heute sind es Ihre eigenen Leute, die auf die Straße gehen. Und ich füge korrekterweise hinzu: Es sind Ihre eigenen Leute gewesen, die auf die Straße gehen, denn auch die haben Sie bereits verloren. Sie haben Massenaustritte aus der SPÖ, Sie müssen den Ballhausplatz sperren, Sie müssen SPÖ-Veranstaltungen als frisch gebackener Kanzler durch die Hintertür betreten, Sie brauchen Polizeischutz. Ist das die Kapitulation der SPÖ wert?

Sie zitieren gerne Bruno Kreisky, Bruno Kreisky, den Sonnenkönig. Wenn man das Bild vergleicht, Herr Dr. Gusenbauer, sind Sie auf dem Weg in einen roten Sonnenunter-


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