Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 60

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Diese Frage stelle ich mir etwa auch bei der Frau Justizministerin, die als erste Amts­handlung gleich einmal mit der Demokratie auf Kriegsfuß steht und sagt: Um das Problem der Kärntner Ortstafeln zu lösen, setzen wir halt den Kärntner Landeshaupt­mann ab, der demokratisch gewählt ist von einer Mehrheit in Kärnten, obwohl jeder weiß – und das wissen alle, die sich ein bisschen auskennen –, dass es da keine Abwahl und auch keine Ablöse Ihrerseits geben kann.

Frau Justizministerin, ich empfehle Ihnen Folgendes: Lernen Sie Demokratie als Justiz­ministerin! Das haben Sie notwendig, denn Sie können keinen demokratisch gewählten Landeshauptmann abwählen. Zum Zweiten empfehle ich Ihnen, sich, bevor Sie solche krausen Ideen entwickeln, einmal zu überlegen, wie Sie Ihren Parteifreund und Genos­sen Elsner aus Frankreich heimbekommen und endlich hinter Gitter stecken. Das wäre Ihre Aufgabe, Frau Justizministerin, und nicht, Landeshauptleute in Öster­reich abzu­lösen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Interessant auch die neue Familienministerin – das schauen wir uns noch genauer an –, die uns heute in der „Kleinen Zeitung“ ihre Einstellung zu Familie und Kindern vermittelt. Im Wesentlichen geht es darum, dass sie, wenn sie ein nobles Abendessen hat oder im Flugzeug nach New York sitzt, dort Kinder stören. Eine interessante Aussage, heute nachzulesen in der „Kleinen Zeitung“. Wie das von Ihnen als jetzige Familienministerin gemeint ist, das müssen Sie uns auch noch erklären.

Wir kommen auch zur Analyse des Regierungsprogramms. Das fällt tatsächlich schwer, weil es ein Katalog von Überschriften ist. Ein Kommentator, Hubert Patterer, hat in der „Kleinen Zeitung“ geschrieben, der Regierungspakt ist von deprimierender Mutlosigkeit. Herr Androsch sagt, das ist die Todespille für die SPÖ. Erich Haider sagt, dieses Regierungsübereinkommen ist mit der Glaubwürdigkeit der Partei nicht verein­bar. – Hochinteressant!

Herr Rudolf Edlinger, ebenfalls ein Genosse, früher Finanzminister, sagt: Ich bin ent­täuscht. Es ist eingetreten, was ich befürchtet habe. Ihr Vorsitzender der Sozialis­tischen Jugend – ich weiß nicht, ob er noch Parteimitglied ist – sagt, es ist ein Ver­handlungsdebakel. Und auf den Punkt gebracht hat es wirklich die frühere Sozial­ministerin Lore Hostasch. Sie hat zu dem Regierungsübereinkommen einfach gesagt: Mir tut es weh!

Und das kann man sich ja vorstellen, dass das weh tut, denn, Herr Dr. Gusenbauer, die groß angekündigte Bildungsreform findet einfach nicht statt, die wurde abgesagt. Sie ist nicht auffindbar. Sie haben Dinge hineingeschrieben, die das Parlament schon beschlossen hat, wie etwa 25 Schüler pro Klasse. Das haben wir hier bereits be­schlossen, doch das steht jetzt im Regierungsübereinkommen plötzlich nur noch als Richtwert drinnen. Sonst haben Sie nur Arbeitsgruppen gebildet und die Studien­gebühren haben Sie in Wirklichkeit nicht sozialer, sondern noch unsozialer gemacht, weil jetzt eine tiefe Kluft entstehen wird zwischen jenen, die es sich leisten können, und jenen, die es sich nicht leisten können. Jene, die es sich leisten können, werden die Studiengebühr zahlen, werden sie vielleicht noch steuerlich absetzen. Aber Sie treffen ja genau diejenigen, die Sie ja nicht treffen wollten, jene, die es sich nicht leisten können. Die Ärmeren, die aus sozial unteren Schichten kommen, die sind ja dann geradezu verpflichtet, in den sozialen Dienst einzutreten, wobei ich Ihnen das wirklich nicht abnehme, was Sie da hineingeschrieben haben, nämlich in den Hospizdienst einzutreten. Das heißt, Studenten, die keine Ausbildung haben und die gezwungen werden, etwas tun, sollen sterbenskranke Menschen betreuen. Das kann es nicht sein!

Das lehnen wir auch ab, das ist falsch, da sagen wir lieber, es soll sozial gerechte Stu­diengebühren mit einem System an Stipendien geben – wobei ein Drittel der Studenten bereits jetzt Stipendien bekommt und die Studiengebühren nicht zahlen muss. Nicht


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