Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 71

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Zur verstärkten Bekämpfung der Armut plant die Bundesregierung die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung in Höhe von 1 000 €, die in mehreren Schritten erfolgen soll: Die Erhöhung des Ausgleichzulagenrichtsatzes von 690 € auf 726 € soll nun den ersten Schritt bilden. Die Mindestsicherung wird daher im Jahr 2007 726 € brutto (14-mal) betragen.

Eine für alle Bundesländer gleiche soziale Mindestsicherung ist lediglich ein fest­geschriebenes Wunschdenken im Regierungsprogramm und kann nur durch eine 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern realisiert werden. Denn ohne die Bereit­schaft der Länder und deren finanzielle Zusagen für eine bedarfsorientierte Mindest­sicherung zur Vereinheitlichung und Pauschalierung der Sozialhilfe kann dieses Vor­haben der Bundesregierung gar nicht umgesetzt werden. Zur Zeit ist im Detail noch ungeklärt, welche finanziellen Belastungen hier den Ländern in Zukunft entstehen werden und ob die unterschiedlichen Ergänzungsleistungen ebenfalls harmonisiert werden. Warum dann nicht gleich die Sozialhilfe in das Bundesregime wechseln soll, versteht keiner.

Auch scheint es wenig durchdacht worden zu sein, dass bei einem Basisbetrag von 726 € sozialer Mindestsicherung (ohne Heizkostenzuschuss, Wohnbeihilfe, Mehrper­sonen­zuschlag, Naturalleistungen, Befreiungen von Gebühren etc.) kein Anreiz geschaffen wird, einer Beschäftigung nachzugehen. Insbesondere dann, wenn der geplante Mindestlohn nur 1 000 € brutto im Monat betragen soll.

Durch die geplante Bedarfs- und Vermögensprüfung unter Einbeziehung der selbst bewohnten Eigentumswohnstätte ist ein weiterer Anschlag auf den Mittelstand vor­gesehen. Dieser wird zuerst dazu gezwungen, oft über Jahrzehnte geschaffenen Wohnraum zu verlassen, um dann mittels Sozialwohnung und Mitbeihilfe wieder aufgefangen zu werden.

13) Belastung der Autofahrer durch Erhöhung der LKW-Maut sowie der Mineralölsteuer

Noch im Wahlkampf versprach die SPÖ, das Pendlerpauschale um 15 Prozent sowie das Kilometergeld auf 42 Cent anzuheben (APA, 20. Aug 2006).

Genau das Gegenteil ist nunmehr der Fall. Anstelle der angekündigten Entlastungen in diesem Bereich schreckt die neu angetretene Retrokoalition nicht davor zurück, die Autofahrer durch eine Anhebung der LKW-Maut um 4 Cent, der Mineralölsteuer auf Benzin um 1 Cent sowie auf Diesel um 3 Cent, massiv zu belasten.

Die seit 1. Jänner 2004 geltende Mineralölsteuer (MöSt) von 0,417 € pro Liter Benzin und 0,302 € pro Liter Diesel werden laut SPÖVP-Belastungsprogramm auf 0,447 € bzw. 0,312 € erhöht. Dies bedeutet eine prozentuelle Steigerung der MöSt um nicht weniger als 2,4 % pro Liter Benzin bzw. 10 % pro Liter Diesel.

Insbesondere die rund 1,9 Millionen Pendler und deren Familien sind von dieser Maß­nahme besonders hart betroffen. Diese Maßnahme belastet nämlich einen Pendler von Freistadt nach Linz mit zusätzlich jährlich 42 €, einen Pendler von Feldbach nach Graz mit zusätzlich jährlich 58 €, und einen Pendler von Oberwart nach Wien gar mit 144 €!

Die Anhebung der LKW-Maut von derzeit durchschnittlich 22 auf 26 Cent je Kilometer stellt zudem eine Mehrbelastung für die Wirtschaft dar, welche auch bereits ange­kündigt hat, diese Kosten auf die Verbraucher zu überwälzen.

14)Gefährdung der Realisierung von Infrastrukturprojekten

Die vagen Inhalte des Kapitels „Infrastruktur“ des vorliegenden Regierungs­übereinkom­mens legen die Befürchtung nahe, dass, entgegen dem angekündigten Willen zur Vertragstreue, bereits vertraglich abgesicherte Infrastrukturprojekte, wie beispielsweise der am 15. Dezember 2004 zwischen der Republik Österreich und den Ländern Steier-


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