Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 85

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Bei der SPÖ ist es, glaube ich, ausdiskutiert, aber einen Punkt möchte ich noch hin­zufügen: Es geht mir jetzt weniger um die sogenannten Umfaller und um die gebrochenen Wahlversprechen, sondern um einen gewissen Stil, wie man mit einer jungen Generation umgeht. Die Studiengebühren sind – ich weiß, es ist offensichtlich schwierig, das der ÖVP klarzumachen – eine soziale Barriere für viele Menschen – über 80 Prozent der Studierenden arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen –, und die Abschaffung wurde nicht durchgesetzt.

Aber ist es notwendig, diese jungen Menschen mit Worten wie „Rabauken“, „Bummel­studenten“/Bummelstudentinnen“ oder „Millionärskinder“ zu bedenken? Ich finde, das hat in dieser Diskussion absolut nichts verloren. Das zeugt von fehlendem Respekt vor einer Generation, die es nicht leicht hat, die auch auf diese Weise arbeitet und etwas leistet. Ein Studium zu absolvieren ist auch eine Leistung! (Beifall bei den Grünen.)

Für mich gehören zur Glaubwürdigkeit eben auch ein gewisser Respekt und auch der Stil im Umgang gerade mit jungen Menschen. Wir haben im Zusammenhang mit der Wahlalter-Senkung darüber diskutiert, warum diese Jugendlichen so desinteressiert an der Politik sind. Das ist sicher einer der Gründe. – Fehlende Problemerkenntnis, fehlende Selbstreflexion, das betrifft die ÖVP, und jetzt dieser Umgang, dieser Stil, der leider ein sehr schlechter Start für die neue Bundesregierung war.

Schuld am Verhandlungsergebnis, Herr Klubobmann Cap, sind sicher nicht die Grünen. Wir nehmen viel Verantwortung auf uns, auch manche, die uns vielleicht nicht zusteht, aber das können Sie uns sicher nicht zuschreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte mich jetzt noch ein bisschen inhaltlich mit dem Programm auseinan­der­setzen. Es gibt einige positive Punkte. Einen habe ich schon angeschnitten: Die Senkung des Wahlalters ist sicherlich positiv. Es ist ein positiver Schritt in der Demokratie, wenn mehr Menschen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Die Jugendlichen dieses Alters werden auch immer weniger, wie man an der Alters­pyramide sieht. Das ist ein Schritt dazu, dass ihre Anliegen auch ernster genommen werden in der politischen Auseinandersetzung.

Ich bin auch der Meinung, dass man nicht eine Vier-Schanzen-Tournee gewinnen muss, um wahlfähig zu sein, sondern ich meine, es ist ein Grundrecht von 16-Jährigen, die arbeiten, die heiraten dürfen, die Steuer zahlen, die voll in die Gesellschaft integriert sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Unbestritten ist auch die leichte Flexibilisierung beim Kindergeld etwas Positives. Allerdings wird das ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. Wir hätten in diesem Bereich eine Radikalreform gebraucht.

Es gibt ein paar positive Ansätze bei den Zielen, und es gibt sehr viele Lippen­bekennt­nisse, aber damit bin ich auch schon beim Kernpunkt der Kritik: Dies ist ein Koalitions­übereinkommen der Lippenbekenntnisse. Wir haben uns im Wahlkampf sehr intensiv damit auseinandergesetzt, was es in der Zukunft braucht – ich denke, das ist nach wie vor gültig. Es braucht in den nächsten vier Jahren vorwiegend Investitionen – und keinen weiteren Sparkurs. Der Kaputtsparkurs vor allem in der Bildung muss beendet werden! (Beifall bei den Grünen.)

Was Sie jetzt hier machen, ist Folgendes: Sie haben ein großes Projekt in der Zukunft, das ist die Steuerreform 2010, von der noch niemand weiß, wie sie aussehen wird. Herr Kollege Matznetter! Sie haben die letzte Steuerreform nicht nur kritisiert, Sie haben sie gegeißelt. Jetzt haben wir eine Steuerreform 2010, für die gespart wird, für die in den Bildungsbereich, in den Bereich Einkommensgerechtigkeit, in viele Bereiche nicht oder nur sehr wenig investiert wird, und dann eine Blue Box, wo wir nicht wissen,


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