Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 115

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Ich hoffe, dass da noch einiges kommt, dass hier auch im Zuge der Diskussionen um die Steuerreform, die 2009/2010 angepeilt wurde, noch einiges an neuen und kreativen Steuerideen kommt. Ich hoffe, dass das vorgezogen wird. Das wäre gut für Öster­reich – und nicht eine mutlose Politik, wie sie heute hier präsentiert wurde. (Beifall beim BZÖ.)

14.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister für soziale Angelegenheiten Dr. Buchinger. 6 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.27.58

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Im Herbst vergangenen Jahres hat das Wirtschaftsforschungsinstitut, das Wifo, ein Weißbuch für Wachstum und Beschäfti­gung vorgelegt. In diesem Weißbuch gibt es ein ganzes Kapitel unter der Überschrift: Sozialsystem als Produktivkraft

Das mag vielleicht den einen oder die andere überraschen, der/die bisher Sozialpolitik unter dem Aspekt der Verteilung von erworbenem Wohlstand gesehen hat, aber das Wifo weist ganz ausdrücklich darauf hin, dass soziale Sicherheit auch einen starken Einfluss auf die Erwirtschaftung des gesellschaftlichen Reichtums, weil es ein Moment von Stabilität ist, auch über Krisenzyklen im Konjunkturverlauf hinweg, weil Niveau von sozialer Sicherheit stabilisierend wirkt, weil es bedeutet, auch persönlich Mut zu haben, Risikobereitschaft zu zeigen, weil es Erneuerung und auch Mobilität und Flexibilität bedeutet, im Bewusstsein dessen, dass es ein Auffangnetz gibt, wenn das Risiko schlagend werden sollte. Und es ist auch eine Produktivkraft, das Vertrauen in ein ausgebautes System von sozialer Sicherheit.

Diese Sichtweise und Politik auf Grundlage dieser Sichtweise war über viele Jahre für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Österreichs, mit besonderer Dynamik in den siebziger und achtziger Jahren, prägend. Erst später wurde die Ansicht vertreten, unter sozialen Ausgaben seien vor allem soziale Kosten zu verstehen, und der Wohlfahrts­staat würde eine Belastung, eine Hürde für die Gesellschaft darstellen, die Inves­titionen und wirtschaftliche Entfaltung verhindern würde.

So falsch dieser Ansatz – ich verweise auf das Wifo – theoretisch war und ist, so schädlich ist er auch in der politischen Praxis, und wir haben erlebt, wie rasch Vertrauen in den Sozialstaat auch erschüttert werden kann.

Sie kennen alle die Vergleiche mit den „scheuen Rehen“. Normalerweise werden sie gebraucht, um das Verhalten von Kapital, das scheu und flüchtig ist und das man nicht erschrecken darf, zu kennzeichnen. Mindestens genauso zutreffend sind diese Ver­gleiche mit dem „scheuen Reh“ in Bezug auf Vertrauen in soziale Sicherheit. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen, da der Redner im Begriff ist, die vereinbarte Redezeit zu überschreiten.)

Denn so, wie es eine reale Kälte gibt und eine gefühlte Kälte, wenn der Wind weht, so, wie es eine reale Inflation gibt und eine gefühlte Inflation, die bedeutend höher ist, wie wir wissen, so gibt es auch eine reale, tatsächliche Sicherheit und eine gefühlte soziale Sicherheit, die wichtig ist für die Entwicklung des Landes, die ein wertvolles Gut ist.

Die neue Bundesregierung misst diesem Vertrauen in die soziale Sicherheit und der Weiterentwicklung unseres sozialen Sicherungssystems große Bedeutung bei. Die Bundesregierung und ich, wir bekennen uns damit zur laufenden Erneuerung der


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