Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 329

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schla­gen“ hätten jene Leute gesagt, deren Boden er einmal geküsst hat als „dummer Junge“; aber ich möchte das hier jetzt nicht weiter ausbreiten. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, heute in der Früh war das anders: Da hatten wir eine dicht gedrängte Regierungsmannschaft vor uns, sie saß hier aufgereiht wie die Spatzen auf dem Draht, kein Blatt Papier hatte Platz zwischen den Mitgliedern der Bundes­regierung. – Sehen Sie, so schnell ändert sich die Lage! Und wir Freiheitlichen als neue Oppositionspartei werden unseren Beitrag dazu leisten.

Wir haben heute in der Früh die Regierungserklärung von Alfred Gusenbauer gehört, und wir müssen feststellen, dass es eigentlich überhaupt keine Regierungserklärung war, dass überhaupt nicht feststellbar ist, dass hier ein Regierungswechsel stattfindet, weil wir in den wesentlichsten Elementen eigentlich dieselben Plattitüden wiederholt gefunden haben, die es in den letzten Wochen in der Berichterstattung über Ihre Regierungsverhandlungen gegeben hat.

Weil jetzt auch die Frau Außenministerin und der Herr Staatssekretär für Europafragen die Regierungsbank verlassen haben und ich die „geballte“ zurückgebliebene Kom­petenz nicht überbeanspruchen möchte, möchte ich mich an Sie wenden, Herr Kollege Einem – Sie sind ja auch Europasprecher Ihrer Fraktion. Und ich habe jetzt dasselbe Los, wie es Kollege Graf hatte, der das Feuerwerk an faulen Ausreden Ihres Kollegen Broukal erwidern musste: So werde ich mich jetzt eben an Sie wenden in puncto Europafragen und den wesentlichsten Elementen in diesem Regierungsprogramm, weil auch Sie es waren, die das mitverhandelt haben.

Da geht es zum Ersten um den EU-Beitritt der Türkei, Herr Kollege Einem, den wir Freiheitlichen immer abgelehnt haben, wobei wir immer darauf bestanden haben, dass die österreichische Bundesregierung einen Akt setzt, der die Beitrittsverhandlungen beendet. (Beifall bei der FPÖ.)

Die SPÖ, Herr Kollege Einem, als sie noch fröhliche Oppositionspartei war, hat uns in dieser Haltung eigentlich immer bestärkt. Die SPÖ wollte keinen Vollbeitritt der Türkei, die SPÖ wollte eine alternative Situation dieses Landes in Bezug auf die Europäische Union erreichen. – Und in der Regierungsübereinkunft steht die Plattitüde drin, dass es vor einem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union eine Volksabstimmung in Österreich geben wird.

Dieses No-na-Net, diese faule Ausrede, die Wolfgang Schüssel damals eingefallen ist, als er vom Rat in der EU berichten wollte und es nicht das Ergebnis war, das sich die österreichische Öffentlichkeit erwartet hat, diese Plattitüde wiederholen Sie einfach! Aber wir werden das jetzt einfach auf den Punkt bringen können, Herr Kollege Einem, weil jetzt Ihre Parteigenossen in den Räten der Europäischen Union vertreten sein werden, und wir erwarten von Ihnen, dass Sie beim nächsten Europäischen Rat, wenn es um Einstimmigkeit bei der Behandlung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geht, Ihre Ankündigungen aus Oppositionszeiten auch in diesem Punkt wahrmachen und dagegen stimmen, damit es jene Weiterführung dieser Unklarheit auf europäischer Ebene, die wir derzeit haben, nicht gibt.

Die Behauptung, dass es durch den Auftritt unserer Außenministerin zu einer Klima­änderung in Bezug auf den Beitritt der Türkei gekommen ist, ist eine ÖVP-Legende. Das glaubt man nur in der ÖVP, in den Klubsitzungen der ÖVP wird das kolportiert, aber außerhalb Österreichs, wenn Sie mit Kollegen aus Europa reden, gilt das als nicht existent. Dort wird jenes Element der offenen Verhandlungen bestritten. Es wird auch bestritten, dass es andere Varianten geben soll und dass auch die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union bei einem allfälligen Neubeitritt von Mitgliedsländern eine Rolle spielt.

 


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