Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 37

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sekretärinnen an der Sitzung teil und können teilweise nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung das Wort ergreifen.

Aber die Verfassungsbestimmung, die Sie heute beschließen, steht in klarem Wider­spruch zum § 19 der Geschäftsordnung, und die Geschäftsordnung ist nicht irgendein Papierl, sondern unterliegt ebenfalls einer Zweidrittelabstimmung in diesem Haus. Ich erwarte von den Regierungsfraktionen, dass sie sofort dem Haus eine Bereinigung dieser Angelegenheit zuleiten, denn es ist ja nicht vorstellbar, dass wir zwei einander widersprechende Gesetze haben, beide mit Zweidrittelmehrheit in diesem Haus von SPÖ und ÖVP beschlossen. (Beifall bei den Grünen, beim BZÖ sowie bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Der Rest dieses Punktes, was nämlich die Rechte und Pflichten des Bundespräsiden­ten betrifft, geht in Ordnung.

Zweiter Punkt: die Bundesministeriengesetz-Novelle. Na ja, die spiegelt halt die Koaliti­onsakrobatik wider, wie halt die Interessen da im Einzelnen liegen, von funktionalen Zweckmäßigkeiten unberührt. Ich verweise nur punktuell und beispielhaft darauf, dass die Zersplitterung der Forschungsagenden, die schon in der letzten Periode beklagt wurde, weiter vorangetrieben wird statt bereinigt, jetzt sind es fünf Ministerien statt vor­her vier, und dass man andererseits nach einer Zuständigkeit für Integration von Im­migranten und Immigrantinnen vergeblich sucht. Da scheint überhaupt niemand zu­ständig zu sein, auch wenn der eine oder andere Punkt im Regierungsprogramm steht. Und so weiter. Meine Kolleginnen und Kollegen vom Grünen Klub werden dazu Stel­lung nehmen und die Ablehnung dieses Punktes durch uns begründen.

Nun zum dritten Punkt: Ein Abgeordneter dieses Hauses behauptet schwerste Men­schenrechtsverletzungen ihm gegenüber. Wenn schon fast die gesamte Bundesregie­rung hier versammelt ist und wir auch hier im Haus voll versammelt sind, dann, so meine ich, muss man das sehr ernst nehmen. Herr Abgeordneter Strache hat nämlich die Medienberichterstattung über ihn mit dem „Stürmer“ verglichen. Er hat gesagt, sie erinnere ihn an den „Stürmer“-Stil.

Meine Damen und Herren! Der „Stürmer“ war eine deutsche Wochenzeitung von 1923 bis 1945, herausgegeben von Julius Streicher. Der „Stürmer“ war ein antisemitisches Hetzblatt der Sonderklasse, wie wir alle wissen. Ich zitiere nur ganz kurz drei Leitarti­kel, einen vom September 1938, in dem Juden als „Bazillus“ und „Pest“ bezeichnet werden. Ich zitiere wörtlich:

Der Jude ist „ein Schmarotzer, ein Feind, ein Übeltäter, ein Krankheitsverbreiter, der im Interesse der Menschheit vernichtet werden muß“. – Zitatende.

Auch andere Artikel heben hervor, dass erst „nach Vernichtung des Weltjudentums“ das „jüdische Problem“ als gelöst zu betrachten sei. (Abg. Mag. Stadler: Frau Präsi­dentin! Zur Sache! Was hat das mit dem Ministeriengesetz zu tun?) – Ich komme schon zur Sache. Ich habe versucht, Ihnen das zu erklären. Ein Angehöriger dieses Hauses behauptet schwerste Menschenrechtsverletzungen ihm gegenüber, und ich nehme das sehr, sehr ernst; den Vergleich mit dem „Stürmer“ und österreichischen Medien und unserem Verhalten damit implizit.

Zweites Zitat: „Ein Strafgericht muß über die Juden in Rußland kommen, ein Strafge­richt, das ihnen das gleiche Schicksal bereitet, das jeder Mörder und Verbrecher erwar­ten muß: Todesstrafe und Hinrichtung. Die Juden in Rußland müssen getötet werden. Sie müssen mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden.“ – Genügt das als Charakterisie­rung dieser Zeitung?

 


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