Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 38

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In den Nürnberger Prozessen wurde Julius Streicher, der Herausgeber dieser Zeitung, angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet.

Herr Strache ist jetzt leider nicht anwesend, aber ich frage ihn und ich frage Sie, meine Damen und Herren aus seinem Klub: Entweder meint Herr Strache das ernst oder er meint es nicht ernst. Wenn er diesen Vergleich ernst meint, dann erwarte ich mir gera­dezu einen Aufschrei, ein großes J’accuse gegen die Medien dieses Landes, einen Hilferuf par excellence. Und wir alle in diesem Haus müssten hinter ihm stehen, wenn er angegriffen wird im Stil des „Stürmers“. Und ich glaube, keiner von uns wäre sich zu gut dafür. Das erwarte ich mir: nicht nur einen Hilferuf an die Justizministerin, an den Innenminister, an den Bundeskanzler, den Vizekanzler, sondern an uns alle! Und diese Hilfe würde er bekommen.

Aber wenn er das nicht ernst meint, hier einen Vergleich en passant macht, so neben­bei sagt, die Medienberichterstattung in Österreich erinnert ihn an den Stil des „Stür­mers“ – was ist das dann? Was ist das dann? Ist Herr Strache der „kleine Jude“, der „zur Ausrottung freigegeben“ ist, der dem „Stürmer“ machtlos gegenübersteht? Was ist das? – Ich betrachte das als die geschmackloseste, schäbigste Version eines Ver­suchs, sich selbst zum Opfer zu stilisieren! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Wollen Sie ihn jetzt zum Tod verurteilen, oder was?) Ich erwarte von Herrn Strache, dass er sich in geeigneter Weise entschuldigt!

Ich erwarte aber auch zum Beispiel von meinem Kollegen Cap, der ja nach mir spre­chen wird, dass er sagt, ob auch das eine Jugendsünde, eine Jugendtorheit ist. – Das kam ja von Herrn Strache gestern so, Herr Kollege Cap!

Ich erwarte auch vom Bundeskanzler, dass er sich in geeigneter Weise zu diesem Fall äußert. Das ist nicht irgendein Vergleich, der hier gezogen wird, sondern: Das geht ins Mark des Selbstverständnisses der Demokratie, finde ich, und es war das kein Aus­rutscher vor 20 Jahren. Das war gestern! Ich erwarte mir keine Beschwichtigung oder Verharmlosung so wie in den letzten Tagen. Jedenfalls wir, die Grünen und ich werden uns damit nicht zufrieden geben! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, ich habe an dieser Stelle festzustellen, dass Sie nicht zum Thema gesprochen haben, nicht mit einer Silbe. Ich werde jetzt versuchen, in der Debatte auch ausgewogen zu sein, weil ich Sie auch hätte unterbrechen müssen.

Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


12.39.29

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Klubob­mann Van der Bellen, da haben Sie meine gestrige Presseaussendung nicht gelesen, auch ich habe diesen „Stürmer“-Vergleich kritisiert – und dem gibt es nichts hinzuzu­fügen. Da geht der Vorwurf oder die Aufforderung, man hätte sich dazu nicht geäußert, wirklich ins Leere. Ich habe auch in dieser meiner gestrigen Aussendung darauf hinge­wiesen, dass man die Worte auch an den Taten zu messen hat, und das wurde dann auch in der „ZiB2“ gebracht – das werden Sie auch bemerkt haben, wenn Sie „ZiB2“ geschaut haben. Somit habe ich, wie ich meine, ausführlich dazu Stellung bezogen.

Das Thema jedoch, das wir auf der heutigen Tagesordnung haben, ist das Bundesmi­nisteriengesetz. Dieses regelt die Arbeitsaufteilung zwischen den einzelnen Regie­rungsmitgliedern.

Ich denke – und darüber wird hier im Plenum jetzt diskutiert –, die Art und Weise, wie sich eine neue Regierung die Arbeitsaufteilung gibt, ist auch Ausdruck des Mehrheits-


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