Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 45

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Es ist doch an sich seltsam: Nach der österreichischen Verfassung kann jeder Staats­sekretär jeden Minister in der EU vertreten, aber er kann zum Beispiel nicht hier im Hohen Haus, im Plenum oder in einem Ausschuss, das vertreten und erklären, was er in Vertretung des Bundesministers oder der Bundesministerin in Brüssel, in Luxemburg oder wo immer verhandelt hat.

Daher: Meiner Meinung nach, wenn man schon auf Sparsamkeit und Flexibilität Wert legt, dann wäre mein Ansatz, dass man durchaus im Interesse des Teamcharakters in der österreichischen Bundesregierung wechselseitige Vertretungsregelungen ermög­licht. Meiner Auffassung nach wäre das der richtige Ansatz.

Wir haben zusätzlich auch noch Wünsche des Bundespräsidenten erfüllt: Er bekommt die Diensthoheit für die Präsidentschaftskanzlei, er bekommt die gleiche Vertretungs­regelung in der EU. (Abg. Mag. Stadler: Das ist wieder ganz was anderes!) Daher: Hören Sie auf mit der Legende, das sei eine „Lex Molterer“! Das ist eine sehr sinnvolle Regelung, die wir heute hier treffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich aber auch einige Worte zu dem Thema spre­chen, das sowohl Professor Van der Bellen als auch kurz Klubobmann Cap und Mag. Stadler angesprochen haben. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vor­sitz.)

Ganz offen gestanden: Ich habe es sehr begrüßt, dass Klubobmann Strache eine Dis­tanzierung von der NS-Zeit vorgenommen hat. Ich halte das für absolut sinnvoll und notwendig, denn es muss so sein, dass wir in Österreich mit diesen dunklen Kapiteln der österreichischen Geschichte ein für alle Mal Klartext reden. Es kann nicht sein, dass hier Schatten übrig bleiben. Natürlich ist es so, dass es gerade in diesem Bereich bei Jugendlichen immer wieder eine Nähe – auch heute noch – zu Gewaltbereitschaft, eine Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut, zur Leugnung etwa des Holocaust und vieler andere Dinge gibt – das muss man sehen –, auch eine Neigung, sich soldatisch, sich quasi-soldatisch zu gewanden und an Kampfspielen teilzunehmen.

Da kommt jetzt der Punkt dazu. (Abg. Öllinger: Auch ältere!) – Auch ältere, ja. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir durchaus auch die Vorbildfunktion von Politik anneh­men und hier auch die richtigen Worte finden. (Abg. Dr. Graf: Manche schießen auch auf Bilder ...!) Und deswegen sage ich jetzt ganz offen: Es war spät, aber wichtig, eine solche Distanzierung vorzunehmen, nur: Sich von der Historie zu distanzieren, ist ja einfach, das hat noch jede Regierung getan und noch jeder ernst zu nehmende Poli­tiker. Das ist doch ganz klar. Der wirkliche Test aber ist meiner Meinung nach der, wie wir heute mit diesen Dingen umgehen, was wir heute den jungen Menschen vorleben: ob wir in der Lage sind, Feindbilder abzubauen, ob wir in der Lage sind, etwa in der Sprache eine zwar durchaus konfliktreiche Auseinandersetzung, aber mit friedvollen Mitteln, mit demokratischen Mitteln zu führen, ob wir in der Lage sind, Feindbildern ab­zuschwören, oder ob wir in den Wahlkämpfen in der Polarisierung, in der Zuspitzung immer noch ein Stückerl draufgeben. Das ist der entscheidende Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Und da sage ich ganz offen: Da war es mir zu wenig. Herr Klubobmann Strache, da war es mir zu wenig.

Was mir noch aufgefallen ist – und da bin ich auch der Meinung von Klubobmann Van der Bellen –: Es geht nicht an, in einer Distanzierung vom „Dritten Reich“, von der Neo­nazi-Szene und von all diesen Dingen gleichzeitig sofort zum Gegenangriff anzutreten und die österreichischen Medien jetzt auch nur in die Nähe vom „Stürmer“, oder was weiß ich, zu rücken!

 


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