beschließt, ein Verfassungsmissbrauch ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Das stimmt, aber die schon!) Mein Verständnis ist, dass Verfassungsrechte im Parlament auf Basis einer breiten Mehrheit, die dafür erforderlich ist, verändert werden können (Abg. Scheibner: Das kennen wir schon aus den neunziger Jahren!), und eine Verfassungsänderung (Abg. Ing. Westenthaler: Koalitionsmissbrauch!) als Verfassungsmissbrauch zu bezeichnen, halte ich einmal nicht a priori für angebracht.
Wenn wir diese Vertretungsregel diskutieren, dann lassen Sie
sich doch eine Sekunde auf die sachliche Argumentation ein. Es wurde bereits
darauf hingewiesen, dass sich auf europäischer Ebene jeder Minister durch
einen anderen Minister oder Staatssekretär vertreten lassen kann.
Dort gilt die enge Bindung des Staatssekretärs an einen Minister
nicht. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein schlechtes Beispiel!)
Viele Teile der Gesetzgebung werden auf europäischer Ebene gemeinsam
erledigt. Und im österreichischen Parlament war es bisher nicht
möglich, dass man sich hier wechselweise vertritt. Wir sind zur Auffassung
gelangt, es wäre eigentlich am allerbesten, wenn sich alle Mitglieder
der Bundesregierung wechselseitig vertreten könnten. Aber wieso bringen
wir diesen Vorschlag hier nicht ein? – Das kann ich Ihnen sagen:
weil es die Abgeordneten aus den Fraktionen waren, die gesagt haben, dann haben
wir nur mehr Staatssekretäre auf der Regierungsbank sitzen, und daher
möge man diese Regel nicht auf alle ausdehnen. Wenn es Ihr
gemeinsamer Wunsch ist, dass sich alle wechselseitig vertreten lassen
können, sind die Fraktionen des Hauses frei, bis zum Ende der Debatte
einen Abänderungsantrag zu formulieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir
wollen Ressortzuständige!) Sie können die Vorschläge,
die auf dem Tisch liegen, noch verbessern. Wir haben nichts dagegen, denn wir
sind der Meinung, die Regierung stellt sich gemeinsam dem Parlament, ist
bereit, die Politik hier zu verteidigen und zu vertreten. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann
können Sie einen Pappkameraden auch hinaufsetzen! Der kann auch nichts
sagen!) Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich werde öfter kommen, als
Ihnen recht ist, Herr Kollege Westenthaler, und Herr Vizekanzler Molterer auch,
da brauchen Sie keine Angst zu haben! (Beifall
bei der SPÖ.)
Zum fünften Punkt möchte ich Folgendes feststellen: Ich finde jede politische Kritik und jede Auseinandersetzung hier im Hohen Haus, bei der es um Inhalte geht, legitim. Aber ich finde es absolut unangebracht, auf der Ebene persönlicher Angriffe gegen Mitglieder der Bundesregierung, die sich wirklich nichts haben zuschulden kommen lassen, hier vom Leder zu ziehen. Diesen Stil sollten wir gar nicht einreißen lassen – hier trete ich für die gesamte Bundesregierung an, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Herr Klubobmann Van der Bellen hat Aussagen von Herrn Klubobmann Strache der letzten Tage und auch von gestern einer Bewertung unterzogen, und ich finde, es ist wichtig, dass über solche grundsätzliche Fragen gesprochen wird, vor allem, wenn man weiß, dass offensichtlich in Österreich trotz aller Bemühungen der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit für manche etwas schwierig ist. Ich glaube, es ist wichtig, dass sich Österreich nicht nur bekennt zu dem, was geschehen ist, zur Verantwortung bekennt, zur Mitverantwortung, sondern dass sich Österreich auch dazu verpflichtet, daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Und daher sollte es in diesem Hohen Haus niemanden geben, der nur irgendein Verständnis für die Gräueltaten des Nationalsozialismus hat, und wir alle sollten einen Beitrag dazu leisten, dass es nie mehr ein Zurück zu solchen Zeiten und zu solchen Erscheinungen gibt.
Ich sage ganz offen: Ich habe in diesem Bereich genug erlebt und weiß, wie schwer es ist. In meiner eigenen Partei habe ich mich darum gekümmert, dass die braunen Flecken der Vergangenheit aufgearbeitet wurden. Das war nicht einfach. Es gab Leute, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch wieder politisch tätig waren und wo wir konfrontiert waren damit, dass manchmal ein Auge zugedrückt wurde oder auch zwei Augen.
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