Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung, 7. März 2007 / Seite 71

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

20 Prozent beträgt der Unterschied, wenn man tatsächlich Nettolöhne, Teilzeit et cete­ra bereinigt! Beim Berufseinstieg – die Frauen sind mittlerweile besser ausgebildet als die Männer –, ohne jegliche Unterschiede, ohne jegliche Betreuungspflicht, Teilzeit oder sonstige Ausnahmesituation, bekommen Frauen einfach weniger: 20 Prozent we­niger!

Das zieht sich fort. Selbst Frauen, die es in die höchsten Etagen, in die Führungseta­gen der Top-Unternehmen schaffen, die ihre Karriere nicht unterbrechen, die gar nichts machen, außer zu arbeiten, verdienen am Ende des Tages in den Vorstandsetagen – es sind ohnehin nur ganz wenige – immer noch um sage und schreibe 27 Prozent we­niger!

Jetzt versetzen Sie sich einmal in die Situation einer solchen Frau! Sie hat nur gearbei­tet, um genau das zu erreichen; ihre männlichen Kollegen verdienen mehr, deutlich mehr! Die männlichen Kollegen haben – wahrscheinlich fast alle – eine Familie und ha­ben auch jemanden zu Hause, der ihnen den Alltag organisiert, die Kinder betreut und die Hausarbeit macht. Ist das nicht extrem ungerecht? (Abg. Scheibner: ... aber nicht die Realität!) Schreit das nicht auch nach gesetzlichen Vorgaben in der Wirtschaft? (Beifall bei den Grünen.)

Es ist dies kein Naturgesetz. In anderen Ländern wird das Problem auch gelöst; bei uns wird es seit über 90 Jahren verschleppt. Aber in anderen Ländern wird das Pro­blem gelöst, und wir sind mittlerweile eines der letzten Länder, was die Einkommens­gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen betrifft. Selbst im EU-Vergleich schneiden wir schlecht ab: Im Vergleich der 25, als noch ohne Rumänien und Bulgarien, ist Öster­reich an 20. Stelle, ex aequo mit der Slowakei!

Woran also liegt es tatsächlich? Woran liegt es, dass uns immer wieder die Beschwö­rungsformeln – wie jetzt wieder am Frauentag – begleiten und dann nichts getan wird? Woran liegt es tatsächlich, dass es nach wie vor eine klassische Geschlechterdiskri­minierung gibt? – Und die ist nicht nur mit Betreuungspflichten und Teilzeit zu erklären, sondern echte Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes!

Ich glaube, dass wir heute aus diesem Saal nicht hinausgehen sollten, ohne für den Frauentag ein ordentliches Maßnahmenpaket vorzulegen, das das Schließen der Ein­kommensschere als vordringlichstes Ziel hat, inklusive einer Finanzierung. Frau Frau­enministerin Bures, wo bleibt Ihr Maßnahmenpaket? – Im Regierungsübereinkommen finden wir leider nur vage Ankündigungen.

Ich möchte zum zweiten Bereich kommen, dem Arbeitsmarkt, und ein klassisches Bei­spiel einer Frau zitieren. Sie ist 33 Jahre alt – solche Briefe bekommen Sie wahr­scheinlich auch sehr oft –, sie ist Juristin, hat die letzten sechs, sieben Jahre vorwie­gend in Teilzeit, in Projekten, in Werkverträgen gearbeitet und wird dann bei vielen Bewerbungsgesprächen als überqualifiziert zurückgewiesen. Sie schreibt: Derzeit bin ich darauf angewiesen, in mehreren Jobs gleichzeitig zu arbeiten, um meine Lebens­haltungskosten zu decken.

Wie ist das möglich? – Eine gut qualifizierte Frau! Das ist ein klassisches Schicksal einer jungen Generation, die im Moment – in Deutschland wird sie als „Generation Praktika“ bezeichnet – in einer ganz anderen Lebensrealität arbeiten muss. Ein klassi­sches Arbeitsverhältnis ist die Ausnahme, viele arbeiten Teilzeit, obwohl sie keine Be­treuungspflichten haben und gerne Vollzeit arbeiten würden. Sie arbeiten in atypischen Beschäftigungsverhältnissen ohne soziale Absicherung, sie arbeiten auf Werkvertrags­basis und sind dazwischen immer wieder auch ohne Beschäftigung und ohne Einkom­men.

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite