Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 18

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Punkte-Programm soll die Zahl der Häftlinge in den kommenden Jahren um mindestens zehn Prozent senken. Bei einem aktuellen Rekordstand von etwa 9.100 Straf- und Untersuchungshäftlingen (davon fast die Hälfte Ausländer, viele Berufs­verbrecher) wären das über 900 Straftäter, die gar nicht inhaftiert oder früher auf die Bevölkerung wieder losgelassen würden.

Erreichen will Berger dieses Ziel durch ein in Zeiten steigender Kriminalität kontra­produktives Paket aus vorzeitigen (bedingten) Haftentlassungen – bevorzugt von ausländischen Strafhäftlingen, eine Ausweitung der Möglichkeit der Umwandlung von Freiheitsstrafen in Geldstrafen, eine Erschwerung der Qualifikation von Straftaten als gewerbsmäßig (was insbesondere die Verhängung der Untersuchungshaft über Diebe vielfach verhindern würde) und freiwillige (!) gemeinnützige Arbeit statt des Abbüßens von Freiheitsstrafen. Für 2008 fordert Berger gar ein Amnestiegesetz (aus Anlass des 90. Republik-Jubiläums), das in großem Umfang richterlich verhängte Strafen mit einem Akt des Gesetzgebers verkürzen, auch Schwer-kriminelle begünstigen und z.B. ohne Einzelfallprüfung auch Tätern einen Rechtsanspruch auf vorzeitige Entlassung gewähren würde, die für eine Begnadigung oder bedingte Entlassung nie in Frage kämen!

Die naheliegende Lösung, nämlich der Bau weiterer Gefängnisse, wird von der Justizministerin offenbar nicht entsprechend vehement verfolgt: Die schon geplante zusätzliche Justizanstalt für Wien wird – wie man hört – nochmals überdacht (was zumindest eine Verzögerung der zusätzlichen Haftplätze bedeutet). Weitere Neu­bauten insbesondere im völlig überlasteten Osten Österreichs sind nicht geplant.

Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie:

Sexueller Missbrauch: Angesichts von jährlich rund 2.500 bekannt werdenden Fällen von Kindesmissbrauch (Zahlen aus 2005, Quelle: BKA) und einer um ein Vielfaches höher liegenden Dunkelziffer nicht zur Anzeige gebrachten Missbrauchsfällen herrscht weiterhin massiver Handlungsbedarf.

Kinderpornografie: Die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen nach dem so genannten Kinderpornografie-Paragrafen 207a Strafgesetzbuch (StGB) ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen: Gab es im Jahr 2000 einer Statistik des Justiz­minis­teriums zufolge 25 Schuldsprüche, wurden 2005 österreichweit bereits 133 Personen rechtskräftig abgeurteilt.

Anlässlich der Aufdeckung des bisher größten Kinderpornografie-Ringes in Österreich (mit weltweit mehr als 2.300 Verdächtigen) Anfang Februar 2007 steht erneut die Frage von Mindeststrafen und Strafverschärfungen zur Diskussion. Sexualforscher plä­dieren unter Hinweis auf die hohe Rückfallsquote bei Pädophilen für die Anhebung des Strafausmaßes um zwei Drittel. Auch der Innenminister spricht sich mittlerweile für Mindeststrafen im Bereich der Kinderpornographie aus. Auch ein Berufsverbot für straffällige Pädophile kann sich Platter vorstellen, wie er in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" sagte. "Es kann nicht sein, dass es sich beim Vergehen an Kindern unter 14 Jahren um einen Vergehenstatbestand handelt. Daher verlange ich den Status des Verbrechenstatbestandes", forderte Platter. Es müsse künftig Mindest­strafen geben, auch Berufsverbote seien vorstellbar. Betreffen soll dies verurteilte Pädophile, die beruflich mit Kindern zu tun haben – zum Beispiel Kindergärtner oder Lehrer. Auch ÖVP-Generalsekretär Missethon und Justizsprecherin Fekter stellten sich jüngst hinter die Forderung nach härteren Strafen.

Die Justizministerin und mit ihr die SPÖ und auch die Grünen scheinen nicht gewillt, gegen Sexualdelikte schärfer vorzugehen und wirksamere Strafen zu prüfen. Auch denkbare weitere Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch wie eine allgemeine Anzeigepflicht, die Veröffentlichung der Wohnadressen von Kinderschändern und ein


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