Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 71

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aber auch der Tatbestand des § 202 Abs. 1 –, wo wir gerne wieder über Mindeststrafen reden können.

Bei den Sexualstraftätern ist es, glaube ich, schon sehr wichtig, dass wir mit der Strafe auch die Therapie verbinden. Wir haben seit einigen Jahren eine sehr gute Einrichtung, an die alle Sexualstraftäter gemeldet werden müssen. Die Mitarbeiter dort sind sehr hoch spezialisiert, machen sehr gute Begutachtungen und Therapieangebote, und wir können den Erfolg auch sehen: Bei therapierten Sexualstraftätern sind die Rückfall­raten beeindruckend niedrig und wesentlich niedriger als bei nicht therapierten Sexualstraftätern.

Da auch immer wieder der Hinweis gekommen ist, dass wir Berufsverbote brauchen: Dazu möchte ich schon sagen, dass es zum einen eine Verschärfung beim Tatbestand des Amtsverlustes gegeben hat. Dieser tritt bei Beamten jetzt wesentlich schneller ein. Weiters gibt es eine Verständigungspflicht der Gerichte und der Staatsanwaltschaften an die öffentlichen Dienstgeber, wenn es bei einem Beamten, bei einem Vertrags­bediensteten zur Einleitung eines Verfahrens kommt. Bei privatrechtlichen Dienstver­hältnissen müsste aus der Strafregisterbescheinigung zu ersehen sein, ob es dies­bezüglich zu einem Delikt gekommen ist.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Gerichte den Gewerbebehörden melden, wenn Gewerbetreibende straffällig werden. Was in diesem Zusammenhang sehr wich­tig ist: Auch bei Personen, die in der Lehrlingsausbildung eingesetzt sind, erstatten die Gerichte eine Meldung, wenn es zu Verurteilungen kommt. Das heißt, es gibt Infor­mationen, wenn Leute in gewissen Berufen – öffentlicher Dienst, Erzieher, Lehrer, Kindergärtner – verurteilt wurden; da ist ein gutes Informationssystem aufgebaut, das gewährleistet, dass nach Sexualdelikten Verurteilte nicht mit Kindern, mit Jugendlichen in Berührung kommen. Es ist allerdings auch wichtig, dass die Dienstgeber ihren Aufgaben nachkommen.

Es sind hier einzelne Urteile zitiert worden, die manchem als zu milde vorkommen. Jeder von uns, auch ich, könnte Ihnen einzelne Urteile zitieren, wo der Höchstrahmen ausgeschöpft worden ist. Das deutsche Urteil ist, glaube ich, natürlich ein besonders krasses Urteil, das auch nicht Bestand haben wird, aber ich denke, es wäre falsch, von Einzelurteilen, ohne das Gesamtbild zu kennen, auf eine Fehlfunktion oder auf Fehlentwicklungen in der Justiz zu schließen.

Auf Grund der Debatten in den letzten Tagen möchte ich schon darum bitten, dass wir die Gewaltenteilung, so wie sie die Verfassung vorsieht, auch wirklich ernst nehmen. Es gibt die Rolle des Gesetzgebers, das ist ganz klar. Es gibt die Rolle der Justiz, die damit verbunden ist, dass sie unabhängig arbeiten soll. Ich muss mich wirklich dagegen verwahren, Zurufe zu bekommen, durch die ich als Justizministerin aufgefor­dert werde, in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung einzugreifen und die Richter zu veranlassen, andere Urteile zu sprechen. Das ist eine Aufforderung zu einem verfas­sungswidrigen Handeln, und solche Aufforderungen höre ich nicht gerne. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist es auch ein großes Anliegen, hier festzuhalten, dass man bei aller Kritik, die es an einzelnen Urteilen geben mag, den österreichischen Richterinnen und Richtern nicht unterstellt, dass sie gesetzwidrig handeln. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

14.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Ing. Westenthaler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; die Restrede­zeit Ihrer Fraktion beträgt 9 Minuten. – Bitte.

 


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