Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 189

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irgendwo die Brücke zu den sogenannten ungerechtfertigten Sanktionen sozusagen herzuziehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen dazu Folgendes sagen: Wenn eine Republik wie die Republik Österreich im Zusammenhang mit der Frage des Umganges mit den Schäden, die durch Raub, Enteignung entstanden sind, dermaßen Versäumnisse über die Jahrzehnte aufbaut – die ich jetzt nicht Einzelnen anlaste, sondern das nur konstatiere –, dann halte ich es wirklich für billig, zu sagen: Es ist so wunderbar, wir haben es im Jahr 2000 – also Jahrzehnte nach der Beraubung, Jahrzehnte nach der Enteignung! – geschafft, 210 Millionen US-Dollar sozusagen in einen Fonds zu verhandeln! Jetzt belobigen wir uns jahrelang, jedes Mal, bei jeder Gelegenheit!

Ich halte das für so billig, und ich halte es auch für der Sache völlig unangemessen, und ich hoffe sehr, dass nicht allzu viele Menschen, die bis heute noch immer keinen Cent von diesen 210 Millionen US-Dollar gesehen haben, Ihre Rede gehört haben. Das liegt aber nicht im Verschulden oder in der Verantwortung des Allgemeinen Entschädi­gungsfonds, sondern das ist in der Tatsache begründet, dass es jahrzehntelange Ver­säumnisse im Umgang mit der Aufarbeitung der österreichischen Geschichte gegeben hat. Deshalb ist es mir wichtig, das gesagt zu haben. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist nicht ganz unmaßgeblich, um nicht zu sagen, besonders maßgeb­lich: Es hat der heutige Staatssekretär Winkler damals als Leiter des Völkerrechtsbüros auch an diesem Agreement mitgearbeitet, wofür ich mich bedanke, wiewohl ich es immer noch – und das weiß er ganz genau – für nicht den absolut großen Wurf halte. Und das möchte ich Ihnen anhand einer Zahl demonstrieren.

Um 200 Millionen US-Dollar geht es in dieser ganzen „Beraubungs-Geschichte“, und das ist das Geld, das jetzt hoffentlich in einiger Zeit auch ganz ausbezahlt wird. Im Rahmen der Forschungsarbeiten der Historikerkommission und im Rahmen der sich dann daran anschließenden Beschäftigung mit der Frage der Beraubung und Enteig­nung von Roma in Österreich, die eigentlich im Washingtoner Agreement im Einzelfall völlig ausgeblendet war, ist es so, dass die Forschungsergebnisse von einem Betrag in der Höhe von bis zu 100 Millionen € an Vermögen sprechen, die österreichischen Roma geraubt und nicht wieder restituiert wurden.

Und wenn man jetzt diese Relationen sieht: 200 Millionen Dollar insgesamt, pauschal als Summe, die an alle Opfer beziehungsweise Anspruchsberechtigten ausgezahlt wird – und in einem großen Ausmaß sind das natürlich Opfer von „Arisierungen“, das heißt Juden und Jüdinnen beziehungsweise jetzt ihre Erben –, dann muss man sich diese Relationen einmal vor Augen halten, was das heißt: Unrecht, das damals pas­siert ist, für das nie nicht einmal der leisteste Versuch einer Entschädigung, um nicht die österreichische Terminologie der „Wiedergutmachung“ zu verwenden, hier im Raum steht, und auf der anderen Seite diese 210 Millionen Dollar – das sind nämlich Dollar und nicht Euro; aus der heutigen Sicht muss man sagen: bedauerlich (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Schüssel); nein, da kann keiner etwas dafür, Herr Bundeskanzler außer Dienst, ich habe nur gesagt: bedauerlich, denn 210 Millionen € wären heute mehr Geld für die Opfer, für die Beraubten –, die nicht eine Sache sind, derentwegen man sich selbst ständig ins Licht stellen muss auf Grund dessen, was getan wurde.

Ich möchte aber trotzdem allen dafür danken, dass die von Frau Präsidentin Prammer ausgegangene Initiative zur Novellierung und damit zum Nutzen Geschädigter hier allgemeine Zustimmung findet, und heute hier auch schon dezidiert feststellen, dass die Arbeit des Allgemeinen Entschädigungsfonds, der ja im Rahmen des Nationalfonds abgewickelt wird, also dass diese Arbeit des österreichischen Nationalfonds, die die Frau Präsidentin gewürdigt hat, aber auch Absicherung, Geld und Basis braucht.

 


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