Wenn der Finanzminister heute herausgeht und erklärt, das Steuergeheimnis umfasse mehr als die Amtsverschwiegenheit, dann widerspricht ihm sogar seine eigene Finanzprokuratur. Herr Mag. Molterer, auch das – bevor Sie einen weiteren rechtlichen Fehler machen – werde ich hier zitieren. Die Finanzprokuratur erklärt:
Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht – also das Steuergeheimnis – baut auf der in Artikel 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz normierten Amtsverschwiegenheit auf. Der Gesetzesvorbehalt in Artikel 20 Abs. 3 B-VG ermächtigt nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes den einfachen Gesetzgeber nur zu Einschränkungen, nicht jedoch zu Erweiterungen der Verschwiegenheitspflicht. In verfassungskonformer Auslegung des § 48a Bundesabgabenordnung unterliegen sohin Umstände, die nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegen, auch nicht der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht. – Zitatende.
Wenn Sie versuchen – und ich weiß, dass das Ihr letzter juristischer Versuch ist, der letzte juristische Winkelzug, den Sie heute öffentlich vorhaben –, zu erklären, dass das Steuergeheimnis mehr ist als die Amtsverschwiegenheit, dann widersprechen Sie hier nicht nur dem Verfassungsgerichtshof, nicht nur der geltenden Judikatur, sondern auch den Juristen Ihres eigenen Hauses. (Abg. Dr. Fekter: Die herrschende Lehre der Universitätsprofessoren! Die haben eine andere Position als Sie!)
Es ist schon richtig, dass es für uns sehr wichtig ist, die Persönlichkeitsrechte von Menschen (Abg. Dr. Fekter: Das ist Ihnen wurscht, weil Sie sind verurteilt!), deren Daten und deren Tätigkeiten untersucht werden, zu schützen, aber das Interesse an Aufklärung durch die Republik und im Interesse der Republik Österreich wirkt schwerer als bestimmte, sehr wichtige Rechte. Der österreichische Nationalrat als Gesetzgeber hat die Aufgabe, darauf zu achten, dass sich alle in dieser Republik, insbesondere die Mitglieder der Bundesregierung, nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Bundesverfassung halten.
Herr Mag. Molterer, Sie haben in den letzten Tagen und Wochen bewiesen, dass Sie im Interesse Ihrer Partei bereit sind, sich über die österreichische Bundesverfassung hinwegzusetzen. (Abg. Dr. Schüssel: Na wirklich nicht! Ungeheuer! Das ist eine Zumutung, was Sie hier sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das Geschrei der Österreichischen Volkspartei hat auch im Untersuchungsausschuss die Aufklärung nicht behindern können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ungeheuerlich!) Ich betrachte die Zunahme der Lautstärke vonseiten der Österreichischen Volkspartei als klare Bestätigung dafür, dass wir mit unserer Aufklärung auf dem richtigen Weg sind. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, wenn Ihre Lautstärke bei parlamentarischen Debatten der Maßstab für den Erfolg parlamentarischer Kontrolle ist, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie in den nächsten Wochen noch sehr oft Gelegenheit haben werden, sehr, sehr laut zu werden. Ich garantiere Ihnen auch noch etwas: Es wird Ihnen nichts nützen! Wir werden unserem Aufklärungsauftrag nachkommen, wir werden alle Fakten, die uns zugänglich sind, auf den Tisch legen. Wir werden unsere Schlüsse ziehen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Wir werden unsere Empfehlungen abgeben. Und wir werden, so hoffe ich, als Nebenprodukt unserer parlamentarischen Tätigkeit auch dazu kommen, dass wir einen Finanzminister dazu bringen, sich wieder – wie es sich gehört – an die österreichische Bundesverfassung zu halten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
15.22
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pilz, ich habe nichts gegen spitze Formulierungen und Debatten, aber der Vorwurf des Verfassungsbruches, noch dazu des vorsätzlichen Verfassungsbruches, hat meines Erachtens in diesem Haus
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