Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 137

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Wenn der Finanzminister heute herausgeht und erklärt, das Steuergeheimnis umfasse mehr als die Amtsverschwiegenheit, dann widerspricht ihm sogar seine eigene Finanz­prokuratur. Herr Mag. Molterer, auch das – bevor Sie einen weiteren rechtlichen Fehler machen – werde ich hier zitieren. Die Finanzprokuratur erklärt:

Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht – also das Steuergeheimnis – baut auf der in Artikel 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz normierten Amtsverschwiegenheit auf. Der Gesetzesvorbehalt in Artikel 20 Abs. 3 B-VG ermächtigt nach Ansicht des Ver­fassungsgerichtshofes den einfachen Gesetzgeber nur zu Einschränkungen, nicht je­doch zu Erweiterungen der Verschwiegenheitspflicht. In verfassungskonformer Ausle­gung des § 48a Bundesabgabenordnung unterliegen sohin Umstände, die nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegen, auch nicht der abgabenrechtlichen Geheimhal­tungspflicht. – Zitatende.

Wenn Sie versuchen – und ich weiß, dass das Ihr letzter juristischer Versuch ist, der letzte juristische Winkelzug, den Sie heute öffentlich vorhaben –, zu erklären, dass das Steuergeheimnis mehr ist als die Amtsverschwiegenheit, dann widersprechen Sie hier nicht nur dem Verfassungsgerichtshof, nicht nur der geltenden Judikatur, sondern auch den Juristen Ihres eigenen Hauses. (Abg. Dr. Fekter: Die herrschende Lehre der Uni­versitätsprofessoren! Die haben eine andere Position als Sie!)

Es ist schon richtig, dass es für uns sehr wichtig ist, die Persönlichkeitsrechte von Men­schen (Abg. Dr. Fekter: Das ist Ihnen wurscht, weil Sie sind verurteilt!), deren Daten und deren Tätigkeiten untersucht werden, zu schützen, aber das Interesse an Aufklä­rung durch die Republik und im Interesse der Republik Österreich wirkt schwerer als bestimmte, sehr wichtige Rechte. Der österreichische Nationalrat als Gesetzgeber hat die Aufgabe, darauf zu achten, dass sich alle in dieser Republik, insbesondere die Mit­glieder der Bundesregierung, nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Bundes­verfassung halten.

Herr Mag. Molterer, Sie haben in den letzten Tagen und Wochen bewiesen, dass Sie im Interesse Ihrer Partei bereit sind, sich über die österreichische Bundesverfassung hinwegzusetzen. (Abg. Dr. Schüssel: Na wirklich nicht! Ungeheuer! Das ist eine Zumutung, was Sie hier sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das Geschrei der Österreichischen Volkspartei hat auch im Untersuchungsausschuss die Aufklärung nicht behindern können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unge­heuerlich!) Ich betrachte die Zunahme der Lautstärke vonseiten der Österreichischen Volkspartei als klare Bestätigung dafür, dass wir mit unserer Aufklärung auf dem rich­tigen Weg sind. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, wenn Ihre Lautstärke bei parlamentarischen Debatten der Maßstab für den Erfolg parlamentarischer Kon­trolle ist, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie in den nächsten Wochen noch sehr oft Gelegenheit haben werden, sehr, sehr laut zu werden. Ich garantiere Ihnen auch noch etwas: Es wird Ihnen nichts nützen! Wir werden unserem Aufklärungsauftrag nachkom­men, wir werden alle Fakten, die uns zugänglich sind, auf den Tisch legen. Wir werden unsere Schlüsse ziehen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Wir werden unsere Emp­fehlungen abgeben. Und wir werden, so hoffe ich, als Nebenprodukt unserer parlamen­tarischen Tätigkeit auch dazu kommen, dass wir einen Finanzminister dazu bringen, sich wieder – wie es sich gehört – an die österreichische Bundesverfassung zu hal­ten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pilz, ich habe nichts gegen spitze Formulierungen und Debatten, aber der Vorwurf des Verfassungsbruches, noch dazu des vorsätzlichen Verfassungsbruches, hat meines Erachtens in diesem Haus


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