Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 207

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Was § 209 StGB betrifft, der eben vor fünf Jahren aufgehoben wurde, hat amnesty in­ternational zu jener Zeit, als es noch Gefangene auf Grund dieser Regelung gab, diese auch als Gewissensgefangene adoptiert und im Jahresbericht 2005 auch die Rehabili­tation und Entschädigung aller Opfer des § 209 StGB gefordert. Amnesty internatio­nal – eine durchaus angesehene Organisation, wenn so manche von Ihnen vielleicht mir nicht abnehmen, dass es da tatsächlich Menschenrechtsverletzungen gab.

Was wollen wir nun mit diesem Gesetz? – Wie schon gesagt, zum einen eine Entschul­digung der Republik, ein Bedauern, dass es diese Verletzungen gegeben hat, aber zum anderen auch ganz konkrete Maßnahmen.

Lassen Sie mich zuerst noch einmal ausführen, was hier der Hintergrund ist, was der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon entschieden hat. Dieser hat Öster­reich wegen der jahrelangen strafrechtlichen Verfolgung von homo- und bisexuellen Männern auf Grund des § 209 in der Vergangenheit mehrfach zu hohen Entschädi­gungszahlungen verurteilt. Im Jahr 2003 waren es zwei Verurteilungen, im Jahr 2005 drei Verurteilungen und im Jahr 2006 eine Verurteilung. Insgesamt machen diese Ent­schädigungssummen, die die Republik auf Grund des nicht vorhandenen Entschädi­gungsgesetzes zahlen musste, ungefähr 200 000 € aus. Es ist also keine Lappalie – warum und mit welchen Beträgen diese Menschen entschädigt wurden.

Ein Punkt, der dies auch klarmachen soll, ist folgender: Manche dieser Personen wur­den nicht nur wegen des § 209 verurteilt, sondern auch wegen anderer – damaliger – Gesetzesübertretungen. Der Antrag sieht klar vor, dass Menschen, die wegen eines im Strafausmaß strengeren und immer noch gültigen Gesetzes verurteilt wurden, nicht eine Entschädigung erhalten, sondern das Recht bekommen sollen, eine Aufrollung des Verfahrens zu betreiben. Es soll ein neues Verfahren begonnen werden, weil der Faktor der homosexuellen Strafhandlung nicht mehr dabei ist und dadurch auch die Chance gegeben ist, dass das Urteil milder ausfällt.

Ein Punkt, der auch wichtig ist: Es hat in der Vergangenheit – angeregt durch den frü­heren Nationalratspräsidenten und jetzigen Bundespräsidenten Fischer und durch die ehemalige Justizministerin Gastinger – eine Tilgung von Verurteilungen auf Grund des § 209 StGB gegeben. Das ist richtig und gut, aber ein Problem dabei ist immer noch, dass eine Tilgung allein die nachteiligen Rechtswirkungen und sämtliche Urteilsfolgen nicht beseitigt. Das heißt, was notwendig ist, ist nicht nur die Tilgung, sondern die tat­sächliche Aufhebung dieser Urteile. Warum? – Es ist so, dass die Tilgung zwar be­stehen kann, aber wenn das Urteil nicht aufgehoben ist, dann kann dies in anderen Rechtsbereichen außerhalb des Strafrechts weiterhin herangezogen werden und ver­schärfend dazukommen, zum Beispiel beim Führerscheinentzug, zum Beispiel, wenn es um das Fremdenrecht geht oder auch wenn es um die Verleihung der Staatsbürger­schaft geht. Es kann also heute noch wirksam sein, obwohl es dieses Gesetz nicht mehr gibt und obwohl klar ist, dass dieses Gesetz menschenrechtswidrig war. Deswe­gen fordern wir nicht nur die Tilgung, sondern auch eine Aufhebung dieser Verurteilun­gen.

Ein weiterer Bereich ist, dass bei manchen Gewalttaten, wenn sie im homosexuellen Zusammenhang begangen worden sind, sehr viel höhere Strafausmaße gegeben sind als bei heterosexuellen Gewalthandlungen. Hier verlangen wir, dass auch diese Ver­fahren neu aufgerollt werden können und die homosexuellen Täter so behandelt wer­den wie heterosexuelle Täter.

Zum Punkt der finanziellen Entschädigung: Es gibt in der österreichischen Rechtsord­nung keine generelle Bestimmung für Entschädigungen für Schäden, die durch gesetz­geberisches Unrecht entstanden sind. Deshalb lehnen wir uns hier an die Entschei­dungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an und fordern eben ent-


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