Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 208

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sprechende Entschädigungen, wie sie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof geurteilt hat.

Personen, die wegen eines zumindest gleich schweren anderen Delikts verurteilt wer­den, sollen keinen Anspruch auf Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchti­gungen durch die Verurteilungen haben, sehr wohl aber einen Anspruch auf Entschä­digung für jenen Teil des Entzugs der persönlichen Freiheit, bei dem es um Vermö­gensschäden gegangen ist, zum Beispiel den Verlust des Arbeitsplatzes.

Wir haben versucht, sehr differenziert zu bewerten und darzustellen, dass im Bereich der Verurteilung auf Grund von Homosexualität ein Teil des Strafrechts Unrecht war, dass aber Verurteilungen anderer Gewalttaten damit natürlich nicht aufgehoben wer­den sollen – ganz klar.

Ich ersuche Sie, diesen Gesetzentwurf genau zu studieren und dazu beizutragen, dass Opfer von unrechtmäßigen und menschenrechtswidrigen Gesetzen zwar spät, aber dennoch eine Entschädigung und Rehabilitierung erfahren. Ich denke, diese Menschen haben sich das verdient durch all das Ungemach und das Leid, das sie erfahren ha­ben. Ich hoffe, es gibt dazu Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


19.45.41

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin Lunacek, die SPÖ unterstützt diese Initiative. Wir sind auch der Mei­nung, dass wir uns mit diesem Thema Sonderstrafrecht und den Verurteilungen aus­einandersetzen müssen. Die Frage ist, wie man damit am besten umgeht, weil die Frage einer Amnestie das eine, die Aufhebung der Tatbestände – rückwirkend – etwas anderes ist. Wenn man allerdings auf die Geschichte des § 209 StGB zurückblickt, der menschenrechtswidrig war, worauf über viele Jahre im Land auch hingewiesen worden ist, und der dann eigentlich erst nach vielen Jahren abgeschafft wurde – in Europa mehr oder weniger nahezu einzigartig –, dann sieht man auch, mit welcher Beharrlich­keit man hier rechnen muss und wie wichtig es ist, entsprechend früh tätig zu sein.

Natürlich ist es auch inakzeptabel, dass Verurteilungen wegen eines Sonderstrafgeset­zes, das rechtswidrig und menschenrechtswidrig war, nach wie vor im Sinne einer Vor­strafe angerechnet werden. Hier muss eine Änderung stattfinden. Ich möchte auch auf die Bemühung von Bundespräsident Fischer im Jahr 2005 verweisen, der den Versuch unternommen hat, gnadenweise Tilgungen vorzuschlagen. Tilgungen sind eben Tilgun­gen. Diese bedeuten, die Strafe wird nachträglich ausgesetzt, aber das Delikt als sol­ches gilt als begangen. Wenn man sich die Delikte ansieht oder die Qualifikationen, so ist ja genau dort der Ansatz: Es hätte solche Straftatbestände überhaupt nie geben dürfen.

Vielleicht nur ganz kurz einen Hinweis auf die Technik. Wenn wir sagen: Der National­rat bedauert!, dann, Frau Kollegin, muss man, glaube ich, einerseits sagen, dass nicht nur der Nationalrat, sondern wahrscheinlich auch der Bundesrat dieses Gesetz be­schließen wird. Den Umstand „Bedauern“ – ich sage das jetzt als Rechtspositivist – in das Gesetz hineinzuschreiben, damit tue ich mir ein bisschen schwer, weil ich der Mei­nung bin, dass das, was der jeweiligen Norm zugrunde liegt und was da die Motivation und das Auslösende sind, im Gesetzestext nicht stehen sollte, sondern sehr wohl in den Erläuternden Bemerkungen und in den sonstigen Materialien. Insofern würde ich


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