Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 90

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Ein Beispiel möchte ich anführen – dazu bekommen wahrscheinlich alle von Ihnen, aber speziell wir Grüne, weil wir das auch schon öffentlich kundgetan haben, ständig Mails und Anregungen aus der österreichischen Bevölkerung –, nämlich die Frage der Verlängerung der Legislaturperiode, wo so getan wird, als sei alles schon gegessen, alles schon fix: Da wird nicht mehr darüber geredet. Die Tatsache, dass diese geplante Verlängerung der Legislaturperiode eine eklatante Beschneidung von demokratischen Mitentscheidungsmöglichkeiten darstellt, ist den Leuten, um es jetzt sozusagen ein bisschen populär zu sagen, wirklich nicht wurscht. Und das wird vor allem auch über­haupt nicht kompensiert durch die von uns schon seit eineinhalb Jahrzehnten heftig geforderte Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.

Jeder von Ihnen kann rechnen, also rechnen Sie sich das einmal aus: Auch wenn man schon zwischen 16 und 18 Jahren dann einmal zusätzlich wählen darf, heißt das bei der durchschnittlichen Lebenserwartung, die die Menschen in Österreich haben, trotz­dem, dass man, auf ein Leben gerechnet, weniger oft sozusagen partizipiert an politischen Entscheidungen als bisher. Und was bedeutet das, wenn man zwar sagt, Bürger, Bürgerinnen, Bewohner, Bewohnerinnen sollen sich politisch engagieren, sol­len sich für Politik interessieren, wenn die Politik immer weniger Möglichkeiten bietet?

Ich lehne diese Verlängerung der Legislaturperiode entschieden ab, wie die grüne Fraktion auch insgesamt, und weise darauf hin, dass es Länder gibt, die es überhaupt kommod haben, dort gibt es sechsjährige Legislaturperioden. In anderen Ländern, etwa in Kärnten, gibt es Wahlhürden, sodass kleinere Parteien auf Grund eines schlicht und einfach ungerechten Wahlrechtes nicht einmal den Funken einer Chance haben, jene Wähler und Wählerinnen, die ihnen bei Wahlen die Stimme geben, dann auch zu repräsentieren.

Das sei jetzt als ein kleiner Punkt Herrn Dr. Kostelka mit auf den Weg gegeben zu den Männerberatungen in diesem Ausschuss von Seiten der grünen Fraktion.

Zweiter Punkt: Umbau des Plenarsaales. Ich sage Ihnen etwas, meine Kolleginnen und Kollegen, vor allem jenen, die sich hier kritisch äußern über die Pläne: Ich geniere mich jedes Mal, wenn eine Kamera eingeschaltet ist und hier durch den Saal schwenkt. Ich geniere mich deshalb, weil meine Kollegin Theresia Haidlmayr und mein Kollege Franz-Joseph Huainigg hier von uns allen, einschließlich mir, diskriminiert werden.

Haben Sie das gestern mitverfolgt, als die Rede von Theresia Haidlmayr am Abend war? – Theresia Haidlmayr hat im Zuge einer ersten Lesung gesprochen, denn nur sie als Einbringerin kann die Rede halten. Sie hatte auf Grund dieser diskriminierenden Situation von Menschen mit besonderen Bedürfnissen nicht die Chance, diese Debatte in diesem Plenarsaal zu verfolgen. Sie hat – und Franz-Joseph Huainigg genauso wenig wie sie – keine Chance, den Vorredner zu hören, der vor ihr spricht, sie hat keine Chance, den Nachredner, der vielleicht darüber redet, was sie vorher gesagt hat, zu hören, denn sie ist ja in irrsinnig komplizierter Art und Weise immer unterwegs von hinten nach vorne.

Mir ist das unangenehm. Mir ist es unangenehm, dass ich als Politikerin ständig Nicht­diskriminierung fordere, während wir unsere eigenen Kolleginnen und Kollegen selbst diskriminieren – und das dann mit dem Geldargument. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Halten Sie sich bitte an die Gesetze, die Sie hier beschließen! Barrierefreiheit! Wissen Sie, wie unangenehm es ist, wenn ein Rollstuhlfahrer von der Galerie aus zuhören will? Dort kann er es ja gar nicht. Er muss sich Tage vorher anmelden, damit er die Chance hat, ein Bürger-, ein BewohnerInnenrecht in Anspruch zu nehmen, nämlich an einer Parlamentsdebatte teilzunehmen.

 


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