Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 114

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Verwaltungsgerichtsbarkeit in die Lage versetzen, ihren Aufgaben ordnungsgemäß nachzukommen, längst überfällig sind. Die volle Funktionsfähigkeit des Verwaltungs­gerichtshofes kann nur mit Hilfe einer Strukturreform, die Verwaltungsgerichte erster Instanz (mit voller Tatsachenkognition) und den Verwaltungsgerichtshof als Revisions­gericht mit umfassender Ablehnungskompetenz vorsieht, wiederhergestellt werden. Darüber besteht in der verfassungspolitischen Diskussion seit langem Konsens. Dieser Konsens kommt auch in den Berichten des Ausschusses 9 des Österreich-Konvents, in seinem Gesamtbericht und auch im Entwurf des Konventspräsidenten zum Ausdruck. Für die auf Verfassungsstufe notwendigen Bestimmungen zur Einführung einer echten Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz liegt ein ausformulierter Entwurf vor. Der Umsetzung der längst überfälligen Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit unabhängig von der Lösung anderer Fragen einer Verfassungsreform steht nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes nichts im Wege. Es sollte auch nicht übersehen werden, dass die Wiederherstellung funktionierender Strukturen einen jahrelangen Sanierungs­prozess erfordern wird.“

Weiters beschwert sich der VwGH darüber, dass in diesem Zusammenhang die vom Bundeskanzleramt mit Schreiben vom 2. März 2006 übermittelten Entwürfe von Ände­rungen insbesondere des B-VG und des VwGG keine Rücksicht auf die anderen den VwGH betreffenden Reformvorhaben nimmt. Der VwGH erklärt dahingehend weiter: “Diese Entwürfe reflektieren die Ergebnisse des Österreich-Konvents nicht, stehen dazu sogar zum Teil in einem Spannungsverhältnis. Auch die rezente Diskussion über die Schaffung eines Bundesasylgerichts, die ihrerseits mit dem Konventsmodell in Einklang zu bringen wäre, findet keinen Niederschlag. Die Entwürfe konzentrieren sich vielmehr auf das Problem der Verfahrensdauer und sehen offenbar in einer disziplinar­rechtlichen Konstruktion einen im Sinne des Art. 13 EMRK wirksamen Rechtsbehelf zur Verfahrensbeschleunigung. Damit wird die Ursache für die lange Verfahrensdauer in die persönliche Sphäre der Mitglieder des VwGH gerückt.“ Man könnte fast auf den Gedanken kommen, dass die lange Verfahrensdauer durch die Richter des VwGH verschuldet wird. „Die Einführung neuer disziplinärer Elemente würde nichts zur Entlastung beitragen, sondern zu einer zusätzlichen Belastung führen.“ so der VwGH.

Um diesem Ersuchen des VwGH Nachdruck zu verleihen, folgende Daten:

Die durchschnittliche Erledigungsdauer der 3.788 mit Sachentscheidung (Erkenntnis) erledigten Bescheidbeschwerden betrug (vom Tag des Einlangens bis zum Tag der Beschlussfassung im Senat) knapp über 21 Monate (bis 1995 konstant rund 11, 1996 13, 1997 knapp 14, 1998 fast 17, 1999 fast 18, 2000 fast 20, 2001 über 19, 2002 etwas über 21, 2003 fast 22 Monate und 2004 über 22 Monate),

bei den 21 mit Sachentscheidung erledigten Säumnisbeschwerden über 20 Monate (etwa 33 Monate).

Die Zahl der Beschwerdefälle, in denen die Verfahrensdauer in einem Spannungs­verhältnis zu den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 MRK steht, stagniert weiterhin auf hohem Niveau.

Diese Daten zeugen nicht gerade davon, dass der Rechtschutz der Bürger ernsthaft gewahrt werden kann.

Die Unabhängigen Verwaltungssenate und andere Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag in den Ländern, die installiert wurden um den VwGH zu entlasten, haben diese Aufgabe nicht zur Gänze bewältigen können. Daher müssen diese zu Gunsten der Rechtssicherheit durch die neu zu schaffenden Landesverwaltungsgerichtshöfe aufgelöst werden oder in diesen aufgehen. Die Landesgerichtshöfe würden länger­fristig das Bundesbudget entlasten, da diese durch Landesgesetze eingerichtet und auch budgetär in den Ländern verankert wären.

 


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