Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 242

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Beziehungsweise geht sie so vor, dass knapp vor den jeweils nächsten Wahlen Steuerreformen – „Reform“ ist nach ihrer Definition irgendeine Art von Senkung – durchgeführt werden, was im Übrigen dazu führt, dass wir keine bewusst antizyklische Budgetpolitik haben, sondern schlicht und ergreifend wahltaktische Budgetzyklen. So einfach ist es. Das beste Beispiel ist ja das Jahr 2001, als man erkennen konnte, dass sich schon längst ein Wirtschaftsabschwung ankündigt, aber Österreich hat hier ganz massiv auf die restriktive Tube gedrückt – mit den entsprechenden Effekten. Auf diese Art und Weise ist auch das angeblich so legendäre Nulldefizit zustande gekommen. Das soll es also nicht mehr sein.

Wenn wir jetzt die Perspektive für die Jahre 2008, 2009 und 2010 eröffnen, dann wird es wohl ganz anders herum laufen müssen. Und wenn der Begriff „Reform“ einen Sinn hat, dann ist auf der Steuerseite die Einnahmenstruktur des Haushalts wohl die, dass man schaut, wo denn die großen Schwächen der österreichischen Steuerstruktur sind. – Die Ausgaben lassen wir jetzt einmal weg.

Da ist ja völlig evident, dass wir bei den lohnsummenbezogenen Abgaben viel zu hoch liegen – geradezu Weltmeister sind, apropos Benchmarking. Wir sind bei den ver­mögensbezogenen Steuern – auch wenn Sie das nicht gerne hören – ganz unten, ganz hinten, je nach dem, wie Sie das sehen wollen. Und wir sind bei den ökologisch gestaltenden Elementen der Steuerstruktur immer weiter zurückfallend. – Das ist einmal der Ausgangsbefund.

Wenn wir jetzt sinnvoll gegensteuern wollen, dann kann natürlich Reform auch Strukturreform heißen und dann ist ja klar, worum es geht, dass wir nämlich endlich einmal mit den lohnsummenbezogenen Abgaben, vulgo Lohnnebenkosten herunter­müssen. Aber die Begriffe sind nicht ganz deckungsgleich. Nur, Herr Bundesminister, dann wird man halt einmal sagen müssen, wo das Geld herkommt. In einem Punkt unterscheiden wir uns nämlich offensichtlich schon: dass wir uns jedenfalls nicht, irgendwie mehr oder weniger dem Populismus frönend – diesen Verdacht habe ich ja eher bei der SPÖ; bei der ÖVP ist es immerhin noch ideologisch motiviert –, hinstellen und sagen, die Steuer- und Abgabenquote muss runter, koste es, ökonomisch, was es wolle.

Wenn man sich diesem Populismus nicht verschreibt, wird man klarerweise beim Aufkommen umstrukturieren müssen, weil die Ausgabenseite ja auch bedeckt werden will – und da gibt es genug Notwendiges zu finanzieren, wie Sie, insbesondere von den Sozialdemokraten, uns immer erklären. Sie sollten sich endlich dazu bekennen, dass es Unsinn ist, wenn wir bei den vermögensbezogenen Steuern immer weiter zurückfallen, nur weil es gerade ins populistische Konzept passt.

Das fällt übrigens unter das Stichwort „Leistungsfähigkeitsprinzip“ – darauf können wir uns ja noch verständigen, denn „Steuergerechtigkeit“, das gefällt Ihnen nicht; „Gerech­tigkeit“ ist überhaupt ein schwieriger Begriff, ich gebe Ihnen recht. Aber wenn das so ist, dann wäre es doch sehr hilfreich, wenn wir schauen würden, dass wir dort die eine oder andere 100-Millionen-Größe lukrieren könnten und sie nicht auch noch beim Fenster „hinaussausen“ lassen, und im Gegenzug entweder Steuern, die in Österreich viel zu hoch sind, senken oder entsprechende Ausgaben dotieren, damit das Defizit nicht zu hoch wird. – Das ist der gravierende Unterschied, und das macht auch etwas aus im wirtschaftspolitischen Ansatz.

Sie haben sich in diesem Zusammenhang dem Populismus verschrieben, wir beken­nen uns nach wie vor dazu: Es gibt nichts zu verschenken, das Budget ist kein Selbstbedienungsladen, auch nicht für die ÖVP – mittlerweile vermisse ich hier auch die Ansätze der SPÖ –, und da sollten Sie einfach ehrlich in einen Dialog eintreten.

 


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