Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 513

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wicklungen – zu jenen Studienrichtungen, wo man einigermaßen den Bedarf abschät­zen kann, im Gegensatz zu anderen.

Ich habe schon oft Rektoren oder Dekanen gesagt, dass man, wenn sie mir beweisen oder belegen können, wie viele WU-Absolventen, wie viele Juristen dieses Land braucht, über verschiedene Dinge reden kann. Allein mir fehlt die Phantasie, aber ich denke, in dieser Phantasielosigkeit bin ich nicht allein gelassen, weil ich bis dato noch nie eine entsprechende Antwort bekommen habe.

Daher muss es unser Ziel sein, zumindest beim Bakkalaureat den freien Hochschul­zugang zu gewährleisten. Maßnahmen der Einschränkung sind immer zweitbeste Lösun­gen. Da habe ich auch eine ganz klare Prioritätenskala: Ich halte absolut nichts von einem Numerus clausus, weil er keinen wie immer gearteten Hinweis auf die spezielle Studierfähigkeit eines künftigen Studenten in einem bestimmten Fach gibt, wenn Gegenstand der Analyse die Durchschnittsnote des Maturazeugnisses ist, unbe­schadet davon, welchen Mittelschultyp er absolviert hat. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Wenn jemand von einem musisch-pädagogischen Gymnasium auf die Technik geht, wird er möglicherweise ein anderes Maturazeugnis haben als einer, der vom Real­gymnasium kommt. Daher sollten wir hier diese Dinge gar nicht ins Auge fassen.

Zweitbeste Variante sind Studieneingangsprüfungen nach einer Phase von zwei, drei Semestern, die letztlich, wenn sie nicht positiv bewältigt werden, zu einem Zeitverlust für den Betreffenden/die Betreffende führen.

Das heißt, wenn es notwendig ist, aus welchen Gründen immer, Zugangsbeschrän­kungen vorzusehen, dann plädiere ich auf jeden Fall für Lösungen, die am Beginn des Studiums stehen. Man kann darüber diskutieren, ob das nur eine sein muss oder ob das zwei, drei sind – Stichwort: Passt der Biorhythmus haarscharf an diesem Tag? Man braucht bei einer beruflichen Entscheidung nicht sozusagen den olympischen Gedanken zu haben, dass man gerade an diesem Tag alle Voraussetzungen schafft. Also da sind aus meiner Warte durchaus die Möglichkeiten und die Systeme weiter­zuentwickeln, aber das Grundmuster sollte schon sein, dass man das, wenn es über­haupt notwendig ist, am Beginn des Studiums macht.

Nun ein paar Worte, weil es natürlich Gegenstand der aktuellen Diskussion ist, diese Woche auch wieder Expertengespräche in Brüssel stattgefunden haben, zur Frage der Medizin ohne Quote: Herr Abgeordneter Dr. Graf, ich würde mir auch wünschen, wenn wir die Möglichkeit hätten, die Zahl der Studienplätze auszudehnen, keine Frage, es sollte wirklich jeder das studieren können, was er möchte. Ich sage auch, es ist a) eine finanzielle Frage, b) kann ich mir vorstellen, dass Sie mir nach einigen Jahren sagen würden: Warum bilden wir Mediziner aus, die dann als Taxifahrer unterwegs sind? Also wenn wir die Möglichkeit haben, hier etwas abzuschätzen, dann sollten wir es ver­suchen.

Ich sage es ganz offen: Als Universitätsminister, als Wissenschaftsminister habe ich einen großen moralischen Impetus zu sagen, ich wünsche mir, dass möglichst viele Absolventen mit österreichischen Maturazeugnissen die Möglichkeit haben, in Öster­reich das Studium ihrer Wahl zu absolvieren. Und wenn es dann eine spezielle Situation gibt, wie wir sie beim Medizinstudium vorfinden, dann müssen wir eben Maßnahmen ergreifen, die für uns alle nicht besonders lustig sind. Aber hier gilt es einfach abzuwägen zwischen allgemeinen, sage ich einmal, europäischen Prinzipien und, ehrlich gesagt, vor der Haustür liegenden Notwendigkeiten. Und eine der wesent­lichen Notwendigkeiten ist die Sicherstellung der medizinischen Versorgung auch in den Jahren ab 2015. Alle Zahlen und alle Untersuchungen belegen uns da, dass wir einen Bedarf von 1 000 bis 1 500 Ärzten haben. Das ist eine Untergrenze, nicht einmal


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