Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 534

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fallen – es sei denn, es liegt eine Altersdemenz vor, dann reicht auch eine niedrigere Pflegestufe.

Mein Problem und mein Albtraum ist, dass Sie jetzt sagen: Jetzt haben wir ein Hausbetreuungsgesetz und damit ein ordentliches Stück des Problems im Bereich Pflegevorsorge und ein ordentliches Stück des Pflegenotstandes gelöst. – Mitnichten, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dadurch etwas gelöst!

Mein Albtraum ist, dass Sie glauben, Sie hätten etwas gelöst damit, dass wir jetzt für ein paar Jahre das, was wir schon hatten, nämlich den Zustand, dass österreichische Behör­den, österreichische Dienstleister im Bereich Pflege, ausgenommen Pflege­heime, nicht sehr viel anbieten und anbieten können, fortsetzen; dass wir durch die Fortsetzung der Pflege durch illegale Personen – das war ja bis vor Kurzem illegal –, denen man jetzt den Stempel „legal“ aufdrückt, irgendetwas gelöst hätten. Ich glaube, da täuschen Sie sich.

Mein Problem dabei ist, dass wir nicht darüber reden – was aber dringend notwendig wäre –, dass die Art und Weise, in der Sie diese Pflege jetzt für die Zukunft ermög­lichen, mit eminenten Problemen, die verschämt mit dem Begriff „Qualitätssicherung“ oder „fehlende Qualitätssicherung“ umschrieben werden, zu tun haben wird. Wenn im privaten Bereich – das wissen Sie, Herr Kollege, weil Sie sich ja offensichtlich ange­sprochen fühlen – demente Personen gepflegt werden und wenn der Pfleger oder die Pflegerin de facto 24 Stunden über 14 Tage mit dem zu Pflegenden in einer Wohnung zusammen ist, dann brauche ich eigentlich nicht näher auszuführen, welche Probleme damit verbunden sein können – für beide Gruppen: für den Pfleger oder die Pflegerin und den Betreuten. Das ist eine eminent verantwortungsvolle und eine eminent psychisch belastende Aufgabe, wo es eigentlich unverantwortlich ist, dass man sagt: Wir haben es jetzt ermöglicht, dass diese Person über 14 Tage im Haushalt verbringt, und wir haben es jetzt ermöglicht, dass diese Form der Pflege legalisiert und schlecht entlohnt wird.

Ich sage Ihnen, ich möchte nicht in diesem Haus mit Ihnen zu jenem Zeitpunkt dis­kutieren müssen – das werden wir vermutlich erleben –, wenn die ersten Fälle auf­treten, in denen diese Personen an der Überforderung, die ja im Pflegeberuf ohnehin latent vorhanden ist, leiden (Beifall bei den Grünen), und zwar insofern leiden, als es da zu Konfliktsituationen kommen kann und kommen wird, an denen die Leute zerbrechen, beziehungsweise wo Konflikte dadurch gelöst werden, dass die eine Gruppe auf die andere in irgendeiner Form „losgeht“.

Das ist ein eminent belastender Job, und ich sage das nicht, um hier Panik zu schüren, sondern weil das ein reales Problem ist. Wir haben im Bereich öffentlicher Pflege immerhin noch so etwas wie Kontrolle und Qualitätssicherung – im Bereich privater Pflege haben wir keine Kontrolle und keine Qualitätssicherung. Und wissen Sie, was das bedeutet, wenn man auf der anderen Seite liest und aus Studien weiß, dass der Missbrauch – damit ist gemeint: Körperverletzung, auch psychische Verletzung – der einen oder der anderen Gruppe durch die jeweils andere bis zu 20 Prozent der Fälle ausmacht? – Das ist eine eminente Zahl! Das ist wirklich nicht etwas, wo man wegschauen kann, und das ist wirklich nicht etwas, was man dadurch verstecken kann, dass man es über ein Hausbetreuungsgesetz in die privaten Haushalte „entsorgt“.

Das ist mein Problem bei diesem Gesetz, denn die Regelung, so, wie sie jetzt kommen wird, ermöglicht nicht eine Form unselbständiger Pflege, die auch unter ent­sprechender Qualitätssicherung stattfindet, sondern dieses Gesetz bedeutet, ganz pragmatisch gesehen, dass das, was bisher bestimmte Vereine im illegalen Rahmen durchgeführt haben, so weitergehen kann wie bisher, nur ist es jetzt legal. Und damit sage ich auch über die Vereine nichts Schlechtes ... (Zwischenruf des Abg.


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