Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 659

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Wenn wir alle Verfahren im Asylwesen, die beim Verwaltungsgerichtshof noch anhän­gig sind, dazurechnen, kommen wir auf eine Zahl von 40 000 Fällen.

Von diesen 40 000 – und das ist jetzt etwas, was Sie uns berichtet haben – sind in Österreich allein 6 703 länger als fünf Jahre anhängig. 6 703 Menschen warten in Österreich schon länger als fünf Jahre auf die Entscheidung darüber, ob sie in Österreich als Flüchtling anerkannt werden oder nicht! Die Zahl sagt noch nichts über die Wahrscheinlichkeit, anerkannt zu werden, die Zahl sagt nur: 6 703 Menschen sind in Ungewissheit, dürfen nicht arbeiten, haben eine Aussicht, die sie – ich meine, das kann ich Ihnen aus etlichen Fällen sagen – krank macht. Sie sind zu Untätigkeit verdammt, sie wissen nichts über ihre Zukunft, und sie können vielfach auch nicht zurück.

Das ist die Situation, die heute in Österreich herrscht, und der Minister hat nur ein Wort, das heißt: Asylgerichtshof. Kein Asylgerichtshof der Welt wird diesen Menschen helfen! Denn diese Menschen brauchen ein Bleiberecht in Österreich. Das ist die Gruppe der Hauptbetroffenen, und darum, Herr Minister, bitten wir Sie, endlich diese Bleiberechtsdiskussion in Österreich zu führen, wie sie ja in vielen anderen Staaten nicht nur geführt wurde, sondern wie dies auch tatsächlich umgesetzt wurde.

Auch dazu nenne ich nur ganz nüchterne Zahlen. Schweiz 2000: 15 000 Menschen haben dort ein Bleiberecht erhalten. Schweden 2006: Zirka 25 000 Menschen haben ein Bleiberecht erhalten. Belgien 2000: 52 000 Menschen haben ein Bleiberecht erhalten. Herr Minister, ich zähle jetzt nicht auch noch Spanien oder Griechenland auf, denn dort geht die Zahl derjenigen in die Hunderttausende, die in diesen Ländern ein Bleiberecht erhalten haben und die vorher in einem prekären Aufenthaltsverhältnis oder Aufenthaltsrecht waren.

Wir Grüne haben deshalb auch die öffentliche Initiative „Daham is daham“ gestartet. Herr Bundesminister, schauen Sie sich das an: „www.dahamisdaham“; Sie könnten einer der ersten prominenten Unterstützer sein, wenn Sie der Forderung zustimmen, die dort aufgestellt wird, die geteilt wird von zivilgesellschaftlichen Organisationen, von kirchlichen Organisationen, von Einzelpersonen und die da lautet: Bleiberecht für Langzeit-AsylwerberInnen, die länger als fünf Jahre in Österreich sind (Zwischenrufe bei der FPÖ); Bleiberecht für Menschen, die irregularisiert sind und irregularisiert wurden durch die zahlreichen fremdengesetzlichen Änderungen, Verschärfungen und unterschiedlichen Auslegungen der letzten fünfzehn Jahre.

Diese Schicksale gibt es: Es gibt Menschen, die ihr ganzes Leben irregulär in Öster­reich verbracht haben, Menschen, die alle von Ihnen und von Ihren Vorgängern aufge­stellten Integrationskriterien erfüllen und kein Recht haben, hier zu sein, obwohl Österreich ihre einzige und ausschließliche Heimat ist. Daham ist nämlich in diesem Fall wirklich daheim, Herr Minister!

Das sind jetzt die politischen Projekte am Beginn Ihrer Ära: Sie sind der Integrations­minister! Ich kann Ihnen diese Last nicht von den Schultern nehmen, es gibt nämlich keinen anderen. In Österreich ist der Polizeiminister zuständig für Integration. Dann werden Sie endlich tätig, und versuchen Sie, in dieser Situation dieser Menschen in prekären Verhältnissen endlich Rechtsstaatlichkeit vor Gnadenrecht einzuführen und es nicht dem Innenministerium und in dem Fall dem Innenminister – das waren nicht Sie, das war noch Ihre Vorgängerin im Jahr 2006 – zu überlassen, dass sage und schreibe 260 Menschen in Österreich ein humanitäres Aufenthaltsrecht bekommen haben! 260 versus 6 703, die schon länger als fünf Jahre auf eine Entscheidung in Asylverfahren warten – das sind in dem Fall die nackten, aber horrenden Zahlen, mit denen wir konfrontiert sind.

 


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