Fremdenrecht ausführen wollte oder konnte. Aber
spannend ist es schon, was er unter Ordnung oder Unordnung versteht. Herr
Abgeordneter Missethon findet, wenn ein Staat gesetzliche Regelungen erlassen
hat und diese dann ändern möchte, wäre das schon Unordnung, als
würde man damit schon die Grundordnung in Frage stellen. (Abg. Dr. Graf: Das hat er nicht gesagt! – Abg. Neugebauer: Jeder hört das, was er
hören will!)
Herr Abgeordneter Missethon, wenn wir als Staat ein Bleiberecht einführen, dann ist das weder fremdbestimmt noch unordentlich, sondern eine neue Überlegung, die diese Regierung vornehmen kann, die dieses Parlament vornehmen sollte, und damit genauso rechtsstaatliches Grundprinzip. Es ist vielleicht Ihre Meinung, dass das irgendwie nicht sein sollte, aber das ist deswegen noch nicht rechtsstaatliche Unordnung. So viel Seriosität der Debatte möchte ich Ihnen schon zutrauen können. (Beifall bei den Grünen.)
Was ich auch spannend finde, ist, was Sie noch als „Unordnung“ qualifiziert haben. Sie sagen, da gibt es Leute, die haben einen negativen Asylbescheid. – Korrekt, das gibt es. Sofern ich die Zahl jetzt richtig im Kopf habe, so werden zirka 20 Prozent dieser negativen Asylbescheide aus formalen Gründen – weil die erste Instanz unter Druck schlecht gearbeitet hat – aufgehoben. Und Sie sagen, es wäre Unordnung, wenn so ein negativer Asylbescheid dazu führt, dass jemand legal in Österreich bleiben darf – wenn es Formalfehler sind, die in vielen Fällen zu diesem negativen Bescheid geführt haben?! – Da können Sie mich gar nicht mehr anschauen, sondern Sie müssen sich schon seitlich abwenden. Das verstehe ich.
Seien Sie doch so seriös und sagen Sie: Es muss in einem Rechtsstaat faire Berufungsregelungen gegen falsche Behördenentscheide geben. – Punkt. – Und es muss in einem Rechtsstaat möglich sein, dass, wenn man sich hier jahrelang auf Grund von Fremdverschulden rechtmäßig aufhält und im laufenden Verfahren dann feststellen muss, dass auf Grund falscher Rechtsauskünfte, geänderter gesetzlicher Bestimmungen, bürokratischer Schikanen plötzlich nachträglich eine Entscheidung zustande kommt, wonach ein legaler Aufenthalt in Zukunft nicht mehr möglich wäre und dann eine Abschiebung droht, das zu ändern. Es kann doch nicht so sein, dass Sie dann sagen, das darf man nicht ändern, der Rechtsstaat verbietet der Regierung und dem Parlament, das zu verändern!
Herr Abgeordneter, das kann wirklich nicht Ihr Ernst sein! Wir sind uns, glaube ich, schon einig darüber, dass es Sache des Parlaments ist, Gesetze zu beschließen mit den Mehrheiten, die sich finden. Ich hoffe, dass sich für humanitäre, an christlichen Grundwerten orientierte Entscheidungen eine Mehrheit in diesem Haus findet – und damit für eine humanitäre Reparatur in jenen Fällen, wo Menschen sonst ins Nichts gedrängt werden. (Beifall bei den Grünen.)
Es zieht sich doch in den letzten Wochen und Monaten durch Österreich und die chronikale Berichterstattung wie ein roter Faden, immer wieder: Da eine Gemeinde, die zu intervenieren anfängt, an den Minister schreibt, die Druck macht, um einen integrierten Asylwerber, der die Fußballmannschaft trainiert, den sie nicht verlieren wollen, der gut integriert ist, hier zu halten, weil ihm die Abschiebung droht. Dort ein Fall, in dem Schulklassen Unterschriften sammeln für eine Schulkollegin. – Unzählige Fälle, die Sie alle kennen, die deswegen entstanden sind, weil das Gesetz in den letzten Jahren so oft geändert wurde, die Vorschriften geändert wurden und die Verfahren sich so lange hinziehen, dass unbescholtene Menschen mit ihren Familien inzwischen schon längst integriert in Österreich leben – und Sie würden jetzt herkommen und sie nach dem Gesetz abschieben!
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