Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll24. Sitzung / Seite 47

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einen Seite und die kühne Behauptung, dass Zuwanderung den Sozialstaat gefährde, gebracht.

Haben Sie sich eigentlich schon einmal überlegt, Herr Klubobmann Strache oder Herr Klubobmann Westenthaler, wie Österreich aussehen würde, wenn es jene, von denen Sie hier behaupten, dass wir sie nicht brauchen, wenn es jene, von denen Sie meinen, sie seien eine „Belastung“ für den Sozialstaat, in Österreich nicht gäbe? Wer würde denn die vielen Kranken, die vielen Bettlägrigen, die vielen Pflegefälle zu Hause in Österreich pflegen? (Abg. Ing. Westenthaler: Davon spricht ja niemand! Das ist doch Unsinn!) Sind das großteils Inländer – oder sind das Ausländerinnen und Ausländer, Zuwanderer und Zuwanderinnen?

Wer würde in Österreich den Spargel im Marchfeld stechen? Wer würde die Ernten einbringen in jedem Jahr genau zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ernten anstehen? – Sind das großteils InländerInnen – oder sind das zum allerallergrößten Teil Auslände­rinnen und Ausländer, die hier als Saisonniers arbeiten und zu Stundenlöhnen um die 3 €, maximal 4 € da arbeiten?

Wer würde denn, Herr Klubobmann Strache und Herr Klubobmann Westenthaler, die Tausenden, Zigtausenden österreichischen Klos putzen in öffentlichen Einrichtungen, auch hier bei uns im Parlament möglicherweise? – Sind das größtenteils Inländerinnen, oder sind das größtenteils Ausländerinnen? Und hier sage ich bewusst ‑innen, denn das sind nämlich zu 99,9 Prozent Frauen.

Wer würde denn jetzt, da die Wirtschaft Gott sei Dank anzieht und boomt, auf Öster­reichs Baustellen die schwere Arbeit machen? Die Betriebe haben längst erkannt, dass Zuwanderung für Österreich notwendig ist, sonst würde sich nicht die Industriellenver­einigung so äußern, wie sie es in den letzten Wochen getan hat. Aber nicht nur die österreichische Industriellenvereinigung, sondern auch die Wirtschaftskammer – der Herr Generalsekretär der Wirtschaftskammer hat sich da eindeutig geäußert – haben das erkannt. Auch auf EU-Ebene ist das längst erkannt, dass wir auf einem Kontinent leben, der ein Zuwanderungskontinent ist. Europa ist ein Kontinent der Zuwanderung und der Binnenwanderung. Und das sind Feststellungen, die nicht die linke oder rechte Opposition zu treffen braucht, sondern das sind Fakten, die belegbar sind und die uns allen gemeinsam nützen.

Darum finde ich es auch so unerträglich, wenn hier dann im Hohes Haus genau dieses Spiel, das wir ja eigentlich seit vielen Jahren kennen und wogegen wir Grüne uns ver­wahren und heute auch zahlreiche Kollegen der Regierungsparteien, gespielt wird: Inländer gegen Ausländer, Zuwanderer gegen Inländer, wenn hier ständig mit Unter­stellungen gearbeitet wird, wenn eigentlich alle immer irgendetwas im Schilde führen und irgendwo etwas ausnützen wollen. Das, meine Damen und Herren, ist nicht der Stil, der hier im Hohen Haus Platz greifen sollte, und das sind, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Vorwarnungen.

Natürlich hat Herr Klubobmann Strache heute nicht so gesprochen wie am Parteitag der FPÖ (Abg. Dr. Graf: Waren Sie dabei?), und er hat nicht von den „Motten“, die das Licht suchen, gesprochen und Zuwanderinnen und Zuwanderer in Österreich gemeint. (Abg. Strache: Das ist falsch! Ich habe die Systemimmanenz aufgezeigt!) Diesen Jar­gon möchte ich hier im Hohen Haus nicht Platz greifen lassen. (Beifall bei den Grü­nen.)

Herr Klubobmann Strache, das, gepaart mit diesen ständigen – und das haben alle Redner der Freiheitlichen Partei und des BZÖ heute gemacht – unterschwelligen EU-Ressentiments. (Abg. Dr. Graf: Dass Sie am Parteitag waren, ist mir neu!) Hier ist die EU, die absolut schädlich ist, die keinerlei Aspekt hat, der positiv ist – und hier sind wir Österreicher, die die Hauptnutznießer der EU-Osterweiterung auf der einen Seite sind,


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