Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 94

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich erinnere mich noch gut daran, dass an der Klinik, wo ich einmal eine Frauenstation geleitet habe, Frauen gelegen sind, die ihren Vater, ihren Schwiegervater und dann noch ihren Gatten betreut und gepflegt haben. Ich sage Ihnen: Sie waren ausgemer­gelt, sie waren körperlich und psychisch am Ende. Diese Frauen haben der Republik Österreich, den Ländern und den Gemeinden monatlich Millionen Euro erspart, weil sie Tätigkeiten übernommen haben, für die die öffentliche Hand nichts übrig hatte. Es ist kein Geld mehr da, um ihre Angehörigen in Teilzeitpflege zu schicken, wenn sie auf Urlaub gehen möchten, um sie zu beraten und Burn-out-Hilfe zu leisten. Nichts ist da! 90 Prozent dieser Frauen verfügen über keine eigene Pension und über kein eigenes Einkommen.

Nichts ist für sie da, weil bei dieser minimalistischen Lösung für alle anderen 380 000 im eigenen Wohnverband zu Pflegenden kein Geld mehr bleibt. Wenn Sie meinen, dass Leute, die 128 Stunden pflegen – und auch betreuen, muss ich korrekterweise sagen –, das optimal machen können, dann sage ich Ihnen: Die werden auch die Ner­ven wegschmeißen. Betreuen Sie 128 Stunden eine demente Person, eine sehr auf­wendige Person sozusagen, die im Alter natürlich ihre Eigenheiten entwickelt hat und nicht jede Stunde Dankbarkeit und Großmut entwickelt!

Was wird dann passieren? – Wollen wir wirklich, dass betreuende Personen wieder mit den Nerven so am Ende sind, dass die zu Betreuenden wieder darunter leiden und ein Skandal nach dem anderen entsteht? Ich glaube, es hat keinen Sinn, Probleme zu negieren. Es hat auch keinen Sinn, manche zu beschönigen. Wenn Schüssel recht hat und es keinen Pflegenotstand gibt, dann hat er auch damit recht, dass er heute nicht hier sitzt. (Abg. Dr. Einem: Stimmt, er sitzt nicht hier!) Aber er sollte sich das anhören, um an besseren Lösungen zu arbeiten, und sollte Ihnen (in Richtung SPÖ), die Sie bessere Gedanken haben mögen – und da bin ich heute sehr freundlich und liebens­würdig zu Ihnen –, sozusagen nicht immer Prügel vor die Füße werfen. (Beifall bei den Grünen.)

12.07


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.07.36

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Als Seniorensprecher der SPÖ möchte ich zur neuen Regelung der 24-Stunden-Betreuung pflegebedürftiger Men­schen, die ja überwiegend Pensionistinnen und Pensionisten sind, Stellung nehmen.

Ich bin wirklich sehr froh und dankbar, dass die ÖVP letztendlich ihren langen Wider­stand aufgegeben (Abg. Öllinger: Nein, die ÖVP hat sich durchgesetzt!) und dem ur­sprünglichen SPÖ-Vorschlag nun zugestimmt hat, die Pflegestufen 3 und 4 in das neue Modell einzubeziehen. (Abg. Prinz: Jetzt haben Sie aber schon etwas verwechselt, Herr Kollege! Bei der Wahrheit bleiben!) Durch das erfolgreiche Überwinden dieser Blockade konnten nun auch die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung ge­stellt werden. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Öllinger.) – Nein, schauen Sie sich die Protokolle und die ersten Aussagen unseres Sozialministers an!

Mir persönlich tut es – das gebe ich zu – natürlich sehr leid, dass wir aufgrund realpoli­tischer Zwänge und Einschränkungen die Forderungen nach einer sofortigen Valorisie­rung des Pflegegeldes und nach einer Erhöhung des BIP-Anteils an den Ausgaben für die Pflege von derzeit 1,1 Prozent auf 2 Prozent noch nicht erfüllen können. Dafür fehlt derzeit leider noch der finanzielle Spielraum im Bundesbudget, aber auch in den Bud­gets der Bundesländer. Mittel- und langfristig werden wir allein schon aufgrund der Ent-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite