Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 115

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Lieber Kollege Dolinschek, ganz so ist es natürlich nicht. Wenn wir dann das Ziel einer Mindestsicherung von 726 € erreicht haben, dann heißt das erstens einmal: vor Sozial­versicherungsbeiträgen. Und zum Zweiten heißt das natürlich auch, dass eine soziale Notlage eingetreten sein muss, soziale Bedürftigkeit: Ein Sozialfall kann dann diese Mindestsicherung beanspruchen. (Abg. Dolinschek: Arbeit muss sich lohnen, Herr Bundesminister!) Abgesehen davon, dass die Realität der Sozialhilfe in den Ländern zum Teil ja schon insgesamt diese 726 € pro Monat ergibt, aber eben nicht aufgrund einer einheitlichen Leistung, sondern da ist Geld und Kleidung und Wohnung oft zu­sammengeworfen.

Aber man soll, denke ich, den Erfolg der Sozialpartnereinigung – 1 000 € Mindestlohn für die Österreicherinnen und Österreicher jedenfalls ab 1.1.2009 – nicht gering schät­zen (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ), vor allem auch deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir haben es in Österreich auch durch die Verdienste von Verantwortungsträgern der letzten, ich sage fast, Jahrzehnte erreicht, dass wir uns eine deutsche Diskussion ersparen.

Wir haben die Entsenderichtlinie umfassend umgesetzt. Wir haben, letztlich auch auf Basis der Mitgliederentscheidung, weiterhin die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern, was heißt, dass Arbeitgeber nicht – so wie in Deutschland – aus Tarifverträgen heraus­optieren können. Sie sind in Österreich an Kollektivverträge als Pflichtmitglieder ihrer Kammer ja auch gebunden. Das heißt, Mindestlöhne in Österreich zu unterschreiten, das geht bei Weitem weniger leicht als in Deutschland. Deswegen ist es ein sehr ver­nünftiges System.

In Wirklichkeit mussten wir deswegen auch die Diskussion „Mindestlohn durch Kollek­tivvertrags- und Sozialpartner oder durch Gesetz?“ nicht führen. Wir haben sie auf ver­nünftige Weise über die Kollektivvertrags- und Sozialpartner bekommen. Diese Eini­gung ist deswegen, wie gesagt, sehr, sehr im Sinne des Standortes Österreich. Ich möchte nicht jährlich eine Mindestlohndiskussion hier im Hohen Hause zu führen ha­ben und hier über Prozentsätze feilschen. Das können die Sozialpartner allemal bes­ser, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Nun zum Thema Arbeitszeitflexibilisierung: Lieber Kollege Dolinschek, ich war bei der Generalversammlung, bei der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer in Graz. Dort schien es mir sehr deutlich so zu sein, dass die Bundesarbeitskammer hin­ter diesem Sozialpartnerpaket steht. Alles andere wäre auch unlogisch.

So gesehen: Frau Abgeordnete Schatz ist leider nicht mehr im Saal, aber ihr Zitat „der neue Geist der großkoalitionären Sozialpartnerschaft“ gefällt mir schon! Denn es war für den positiven Abschluss der Regierungsverhandlungen sehr, sehr wichtig, dass die Sozialpartner hier umfassenden Input geleistet haben, auch zu anderen Themen, aber vor allem zum Thema Arbeitszeitflexibilisierung.

Ich bin hier als Arbeitsminister seit dem Jahr 2000 ein wenig ein gebranntes Kind, weil ich gesehen habe, dass allein auf politischer Ebene, auch auf Basis einer Mehrheit im Nationalrat, dieses Thema Arbeitszeitflexibilisierung nicht umgesetzt werden konnte, jedenfalls nicht so, wie es der Standort Österreich brauchte. Der Konsens der Sozial­partner ermöglicht das. Es ist ein umfassendes Paket, und wie Kollege Schopf schon ausgeführt hat, ist das nicht einseitig zu sehen. Da sind viele Elemente, die sehr wohl die Interessen der Arbeitnehmer widerspiegeln, genauso wie es Elemente gibt, die ten­denziell eher die Interessen der Arbeitgeber ergeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwölf Stunden am Stück zu arbeiten, das ist nicht jedermanns/jeder Frau Sache. Das wird sehr oft vom Arbeitsplatz abhängen. Wenn das im Sitzen im Büro mit Bildschirm zu erledigen ist, dann wird dies das eine


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