Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 97

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Daher war das eine außerordentlich komplizierte Angelegenheit. Uns ist es aber darum gegangen, vor allem diese Blockadesituation zu verhindern und einen Beitrag dazu zu leisten, dass es ein klares Mandat für eine Regierungskonferenz gibt, sodass im kom­menden Herbst während der portugiesischen Präsidentschaft dieser Vertrag auch tat­sächlich abgeschlossen werden kann. Danach muss natürlich erneut die Ratifizierung beginnen – mit der Zielsetzung, dass im Jahr der Wahlen zum Europäischen Parla­ment, also im Jahr 2009, diese erneuerte Grundlage für Europa vorhanden ist.

Nun, was ist dabei herausgekommen? – Natürlich ein Kompromiss – wie die Geschich­te Europas natürlich von verschiedensten Kompromissen gekennzeichnet ist –, aber ich glaube, es ist in der Substanz ein wertvoller Kompromiss.

Eine Frage, die sich gestellt hat, ist: Was geschieht mit dem Herz dieses gesamten Verfassungsvertrages, nämlich mit der Grundrechtecharta? – Hier hat es im Wesentli­chen zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder wird diese Grundrechtecharta so weit ver­wässert, dass sie auch für Großbritannien akzeptabel ist, oder wir lassen die Grund­rechtecharta völlig unverändert, müssen damit aber leider in Kauf nehmen, dass Groß­britannien ein Opt-out wahrnehmen kann. Ich glaube, wir haben uns für den besseren Weg entschieden, nämlich die Grundrechtecharta unverändert zu lassen. Das heißt, dass diese Grundrechtecharta für 26 Mitgliedstaaten gilt, auch für das gesamte Wirken der Institutionen der Europäischen Union. Ich glaube, dass dieses Herzstück der Euro­päischen Union vor allem für die Bürgerinnen und Bürger Europas von ganz entschei­dender Bedeutung ist.

Der zweite Punkt, um den es gegangen ist, bestand darin, die Funktionsfähigkeit Euro­pas zu erhalten, das heißt die Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen, die die Hand­lungsfähigkeit sicherstellen sollte. An dieser Formel ist überhaupt keine Veränderung vorgenommen worden, was wichtig ist, weil das größere Europa der 27 Mitgliedstaaten in erster Linie auch daran interessiert sein muss, handlungsfähig und dementspre­chend entscheidungsfähig zu sein.

Der dritte Punkt, der ganz wichtig war, ist das Auftreten Europas in der Welt; das heißt: Europa mit einer Stimme. Hier hat es den Vorschlag gegeben, der im Verfassungsver­trag enthalten war, nämlich einen Außenminister der Europäischen Union zu haben. Nun, er wird in Zukunft nicht Außenminister heißen, aber dieselben Kompetenzen ha­ben, die bereits im Verfassungsvertrag vorgesehen waren. Wenn man sich anschaut, welche Konflikte es auf der Welt heutzutage gibt, wie oft von den Bürgerinnen und Bür­gern nachgefragt wird – nicht nur in Europa, sondern vor allem außerhalb Europas –, wo denn die Stimme Europas sei und wie diese effizient eingesetzt werden kann, dann glaube ich, dass es wichtig ist, dass es dieses Symbol mit den Kompetenzen, den Hohen Repräsentanten für die Außenpolitik der Europäischen Union gibt.

Wo es eine Veränderung gegeben hat, war, dass nicht alle Veränderungen bereits zum gewünschten Zeitpunkt eintreten. Es gibt bei den Institutionen – nämlich beim neu-
en Abstimmungsmodus der doppelten Mehrheiten – nun eine Verschiebung auf das Jahr 2014, was aber eine gewisse innere Logik hat, denn auch die Veränderung bei der Kommission – dass ab 2014 nur mehr zwei Drittel der Mitgliedstaatenanzahl in der Kommission sein werden – und die damit verbundene gleichberechtigte Rotation treten erst im Jahr 2014 in Kraft, sodass man sagen kann, dass die Veränderung des Abstim­mungsmodus im Rat gleichzeitig mit der Veränderung bei der Kommission stattfindet.

Darüber hinausgehend hat es hier natürlich vor allem an Polen einige Zugeständnisse gegeben, das in dieser Phase ein schwieriger Verhandlungspartner war; aber das war dort, wie man an der nachfolgenden Diskussion in Polen gemerkt hat, auch innenpoli­tisch nicht so einfach. Daher glaube ich, dass es vernünftig ist, dass man sich auf die­sen Kompromiss geeinigt hat.

 


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