Dieser erneuerte Vertrag wird von der Form, von seiner Verfassungs- oder Vertragsästhetik her nicht dem entsprechen, was der Verfassungsvertrag war, weil man den Weg eines klassischen Änderungsvertrages gegangen ist. Das heißt, der Wunsch nach mehr Transparenz, nach einfacheren und klareren Formulierungen wird leider durch diesen Kompromiss nicht erfüllt, aber die Substanz ist, so meine ich, größtenteils erhalten worden.
Interessant finde ich, dass sich auch in der Tendenz der europäischen Politik eine Veränderung abzeichnet. Es hat eine sehr breite Diskussion gegeben, getragen vom Bedürfnis vieler Mitgliedstaaten, die soziale Balance in Europa zu verstärken. Das ist natürlich das Ergebnis von Wahlen in Europa, aber natürlich auch das Ergebnis der Diskussionsbeiträge einzelner der neuen Mitglieder im Rat. Der französische Präsident Sarkozy und andere haben sich in dieser Frage sehr stark gemacht.
Das hat dazu geführt – ich glaube, das ist für Österreich ganz wichtig –, dass die Fragen der Daseinsvorsorge, nämlich all jener Dienstleistungen, die die öffentliche Hand zur Verfügung stellt, sei es auf kommunaler oder regionaler Ebene, als ein ganz wesentliches Argument in den Schlussfolgerungen verankert wurden, weil es zum einen darum geht, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu erhalten – das ist von entscheidender Bedeutung –, aber gleichzeitig auch darum, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Sicherheit zu geben. Es geht vor allem auch darum, dass sich aus der Betonung der Daseinsvorsorge gemeinsam mit den nun verankerten sozialen Grundrechten eine neue Balance ergibt, die insgesamt dazu dienen soll, dass Europa stärker in Richtung Vollbeschäftigung und Stärkung des Wachstums geht.
Auf diesem Weg ist Europa gerade in letzter Zeit nicht erfolglos, wenn man sich die aktuelle Entwicklung gerade in der Eurozone, aber auch darüber hinausgehend, ansieht. Wir haben zum Glück ein sehr gutes Wirtschaftswachstum, die Arbeitslosigkeit sinkt allgemein. Es ist daher wichtig, dass wir bei der Festlegung der künftigen Politik darauf hinweisen, dass wir diesen balancierten Weg gehen wollen. Ich finde es daher erfreulich, dass das in den Schlussfolgerungen verankert wurde.
Für Österreich ist natürlich immer wieder die Frage des Verkehrs von entscheidender Bedeutung. Das ist deswegen wichtig, weil festgelegt ist, dass es im Jahr 2008 eine neue Wegekostenrichtlinie der Europäischen Union geben soll, die für uns ganz entscheidend sein wird, weil sich die Frage stellt, ob die verursachten Umweltkosten auch bei der Berechnung von Mauten – zum Beispiel Lkw-Mauten – berücksichtigt werden. Das ist ein großes Anliegen Österreichs.
Sie wissen, dass wir in unserer Klimaschutzpolitik das Problem haben, dass in unserem Land 26 Prozent des CO2-Ausstoßes vom Verkehr verursacht werden; dabei gibt es natürlich sehr viel Transitverkehr und Tanktourismus. Die Wegekostenrichtlinie ist entscheidend für die künftige Gestaltung der Politik, denn all das, was im Verkehr zusätzlich an CO2 verursacht wird, belastet letztendlich die österreichische Industrie bei den Zertifikaten, die zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, die Veränderung der Verkehrspolitik ist nicht nur entscheidend für die Klimapolitik, sondern auch für die Zukunft der Industriepolitik und der Wirtschaftspolitik in Österreich.
Ich glaube, es ist der Frau Außenministerin und mir gemeinsam sehr gut gelungen, hier eine noch stärkere Formulierung zu verankern, was die künftige Zielsetzung der Verkehrspolitik sein soll. Wir stellen fest, dass es bei den gesamten Ratstagungen in diesem Jahr gelungen ist, das nicht nur unterzubringen, sondern die Botschaft immer stärker darauf zu fokussieren, dass die Kommission einen Entwurf vorlegen sollte, der zu einer Internalisierung der externen Kosten, nämlich der Umweltkosten, führt. Das würde die Zukunft der Verkehrspolitik in Österreich bedeutend erleichtern und wäre ein wesentlicher Beitrag zur Klimaschutzpolitik.
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