Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 103

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ni-Gipfel sehr eingesetzt hat: zuerst beim Klimaschutz und dann beim Rettungsversuch bezüglich der europäischen Verfassung.

Im ersten Halbjahr 2007 hat sich, kann man also sagen – das finden wir zumindest, ge­meinsam mit Ihnen, Frau Ministerin –, die EU auf dem richtigen Kurs befunden. Aber ich beschränke mich ausdrücklich auf diese Zeitspanne, Frau Ministerin und Herr Bun­deskanzler, denn das, was jetzt noch kommt, wird das eigentlich Entscheidende sein, nämlich welcher Text uns zur Abstimmung vorgelegt werden wird und mit welchem Text wir es dann tatsächlich auch hier im Parlament zu tun haben werden.

Es stimmt schon, Herr Bundeskanzler, dass man vorläufig den Eindruck hat, dass we­sentliche Teile – Substanz, glaube ich, haben Sie das genannt – des Vertrages jetzt, im Juni 2007, gerettet worden sind, vorläufig: die bessere Handlungsfähigkeit durch das Prinzip der doppelten Mehrheit, wenn auch um sieben bis zehn Jahre verschoben, die stärkeren Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments, das heißt eine stärkere Gewaltentrennung innerhalb der EU, und so weiter.

Für die Bürgerfreundlichkeit der Verfassung wurde allerdings nichts erreicht. Ganz im Gegenteil! Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass es jetzt sozusagen kein Buch gibt, in dem man wird nachschlagen können, sondern dass es ein schlichter Än­derungsvertrag sein wird, der vermutlich genauso unlesbar sein wird wie die bisherigen Verträge. Das heißt, die Bürger werden sich erst wieder an Fachleute wenden müssen, um zu verstehen, worum es überhaupt geht. Ich glaube, das als „Abstriche von der Lesbarkeit“ zu bezeichnen, ist ein Euphemismus.

Dass sich das Vereinigte Königreich Großbritannien aus der Grundrechtscharta verab­schiedet, ist mehr als ein Schönheitsfehler im Rahmen dieses Verfassungsvertrages. Wie soll die EU glaubhaft vertreten, dass das der Katalog der Grund- und Freiheits­rechte innerhalb der Europäischen Union ist, der berühmte Wertekatalog, auf den man sich in Sonntagsreden gerne beruft, das, was Europa sozusagen im Kern, wenn man so will, ideologisch ausmacht, was uns zum Teil auch von anderen Staaten oder Staatsgebilden auf dieser Welt unterscheidet, wenn es ein Land gibt, das sagt: Das ist schön und gut, aber wir sind, aus welchen Gründen auch immer, nicht dabei!?

Das ist kein Schönheitsfehler, sondern das ist schon etwas sehr Eigenartiges. Ich kom­me dann noch darauf zu sprechen, dass es vielleicht kein Unglück ist, dass der neue Vertrag – nicht Verfassungsvertrag, aber Vertrag, nehme ich an – auch noch etwas anderes aus dem Verfassungsvertrag gerettet hat, nämlich die Möglichkeit, aus der EU wieder auszusteigen. (Beifall bei den Grünen.)

Ausdrücklich begrüße ich vorläufig – wenn es denn wahr ist; alles mit größtem Vorbe­halt, denn schon oft haben wir gehört, was alles in der EU Großartiges beschlossen worden ist, und dann hat es sich nicht als richtig herausgestellt –, dass wir endlich eine neue Wegekostenrichtlinie bekommen, die auch die externen Kosten, die Umweltschä­den, mit einbezieht und dadurch natürlich ganz andere Möglichkeiten in der Mautpolitik eröffnet. Ja, großartig, wenn es denn so weit kommt! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Wurm und Dr. Einem.)

Nun zu dem Punkt mit der symbolischen Fahne: Ich bin erst jetzt darauf aufmerksam geworden, und es stellt sich schon die Frage – natürlich, unsere schöne rot-weiß-rote Fahne haben wir überall hängen –: Haben wir uns je den Kopf darüber zerbrochen, ob es legitim, rechtmäßig, gesetzlich abgedeckt ist, dass wir auch die EU-Fahne hier hän­gen haben? Ich glaube, niemand hier hat sich je den Kopf darüber zerbrochen. Es ist ganz selbstverständlich, sie zu verwenden.

Wenn es beim neuen EU-Vertrag in dieser symbolischen Frage so heftigen Widerstand gibt, was hat das dann zu bedeuten? – Zuerst habe ich mir gedacht: Das ist doch


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