Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 114

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Nehmen Sie also ein Wörterbuch her und schauen Sie nach, wie „Diktatur“ buchsta­biert wird, was das heißt und wie „Parlament“ und „Demokratie“ buchstabiert wird (Abg. Dr. Haimbuchner: Schlechte Rede!), denn dann werden Sie vielleicht eher wissen, warum auch die Grünen diesen Verfassungsvertrag ursprünglich zugestimmt und war­um wir auch gefunden haben, dass jetzt eine Stärkung des Europaparlaments wichtig ist, dass diese Stärkung der Demokratie ein wichtiger Aspekt war. (Abg. Strache: Die glücklichsten Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit!)

Aber zurück zum Hauptthema: Was dieser letzte Gipfel gezeigt hat – und das ist schon eine große Enttäuschung –, ist, dass die Entschlossenheit jener 18 Staaten und Regie­rungen plus vier, die auch ratifizieren wollten, eigentlich zu spät kam, dass die es un­terschätzt haben, dass die Europäische Union innere Gegner hat, dass diese innerhalb der Union selbst sitzen. Diese wollen die Europäische Union auf den Markt plus die NATO reduzieren und keine politische Union haben.

Da wäre es wohl Aufgabe auch der österreichischen Bundesregierung gewesen, ge­meinsam mit den anderen 17 Staaten, sich rechtzeitig zu überlegen, wie man jenen be­gegnet, die das Ganze auf ein Minimum reduzieren wollen, wie zum Beispiel dem frü­heren britischen Premierminister Blair – wie Van der Bellen und auch Caspar Einem schon gesagt haben. Er hat den Verfassungsvertrag unterschrieben, er hat die Grund­rechtscharta unterschrieben, und jetzt will er das alles nicht mehr – und ist nicht einmal mehr Premierminister am nächsten Tag. Also, da wäre es wichtig gewesen, dass sich diese 18 Staaten schon rechtzeitig überlegt hätten, wie man tatsächlich Stimmung macht und dass man die Entschlossenheit dieser inneren Gegner nicht unterschätzen soll.

Zur Grundrechtscharta: Diese ist wirklich ein wichtiger Schritt. Zwar betreiben die Bri­ten jetzt ihr Opting-Out, die Polen überlegen sich das ebenfalls, und es stimmt, dass man als Bürgerin oder Bürger nicht direkt zum EuGH gehen kann, sondern man den nationalen Rechtsweg beschreiten muss (Abg. Strache: Wo ist bis heute die Völker­rechtsklage gegen Tschechien, die einstimmig ...!), aber jemand, der sich bei Men­schenrechten wirklich auskennt, nämlich Prof. Hannes Tretter vom Ludwig Boltzmann Institut, sagt:

Die Staaten, die sich vor einer künftigen rechtsverbindlichen Grundrechtecharta fürch­ten, dürfen sich auch jetzt schon vor ihr fürchten. Es ist nämlich so, dass der Euro­päische Gerichtshof schon jetzt bei Entscheidungen Bezug auf sie nimmt, seitdem sie im Jahr 2000 unterzeichnet worden ist. – Zitatende.

Das ist gut und richtig so! Und das wird auch weiterhin so sein. (Abg. Strache: Wo ist der Europäische Gerichtshof in der Frage der menschenrechtswidrigen Beneš-Dekre­te? Wo?) Und da werden sich wohl auch die britischen Bürgerinnen und Bürger trotz des Opting-Outs ihrer Regierung einiges erwarten dürfen.

Wichtig ist: Diese Grundrechtscharta enthält Rechte, die es bisher nicht gegeben hat, die es auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht gibt – Rechte auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen, auch das Recht auf Streik! Gera­de in Großbritannien, wo viele Millionen von ArbeitnehmerInnen schlecht bezahlt sind, ist das etwas, wo es wichtig wäre, dass auch Großbritannien mitmachen würde.

Diese Grundrechtscharta enthält aber auch etwas, was auch dieser Bundesregierung, und vor allem der ÖVP, sicher nicht sehr genehm ist, nämlich das Recht auf Nichtdis­kriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt. Insgesamt ist diese Grundsrechtscharta also eine, die tatsächlich neue Rechte für Bür­gerinnen und Bürger einführt.

 


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