Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 140

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Aber wenn in Österreich ein Bundeskanzler immer mehr seine Vertrauten in die Me­dienlandschaft entsendet, vom ORF begonnen bis – und das ist jetzt die eigentliche Geschichte – zur „Wiener Zeitung“.

Das ist ein hochinteressantes Kapitel: Da wird die jetzige Leiterin im Aufsichtsrat ein­fach weggeschickt, und es kommt – wissen Sie, wer kommt? – der Bruder des Presse­sprechers des Herrn Bundeskanzlers: der Herr Pöttler. Der sitzt jetzt dort und schaut sich an, dass dort alles in Ordnung geht, denn dort sitzt ja noch ein unabhängiger Chefredakteur namens Dr. Unterberger (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), der sich dann und wann erlaubt, in der „Wiener Zeitung“ Kritik an Ihnen zu üben – und den ser­vieren Sie jetzt leise ab. Zuerst wird der Aufsichtsrat gewechselt, dann wird der Bun­despressedienst dort hereingeholt. Und Ihr nächster Schachzug – und ich garantiere Ihnen, wir werden uns das ganz genau anschauen – wird offensichtlich sein, dort auch den Chefredakteur auszuwechseln.

Dieser Ihr Griff auf die Medienlandschaft hier in Österreich ist schon sehr bedenklich. Lassen Sie die Finger davon, und entlassen Sie die „Wiener Zeitung“ in eine unabhän­gige Berichterstattung! Gewähren Sie auch hier Medienfreiheit! Herr Gusenbauer, das erwarten wir von Ihnen – und nicht einen Zugriff auf die österreichischen Medien! (Bei­fall beim BZÖ.)

Aber auch in der Steuerfrage, Herr Gusenbauer, haben Sie alles versprochen. Erinnern wir uns daran: 500 € für jeden wird es bei einer Steuerreform nach der Wahl geben, sogar unmittelbar nach der Wahl, hat Gusenbauer uns ausgerichtet. Davon hört man nichts mehr. Irgendwelche dubiosen Ankündigungen für das Jahr 2010 sind gemacht worden. Da gibt es die Regierung wahrscheinlich gar nicht mehr, weil Sie sich schon gegenseitig in die Luft gesprengt haben und schon längst Neuwahlen ausgerufen haben – soll sein. Aber das ist nicht fair.

Es ist nicht fair, in Zeiten wie diesen, wo wir gute Steuereinnahmen haben, dieses Ver­sprechen nicht einzulösen. 3 bis 5 Milliarden € werden wir an Mehreinnahmen haben, die gar nicht budgetiert sind, weil alles nur so sprudelt, weil die Konjunktur anspringt und weil die Wirtschaft so gut liegt. Die Unternehmungen machen Gewinne von 30, 40, 50 Prozent. Der ATX hat ein Plus von 8 Milliarden vom letzten Jahr. – Und was machen Sie? – Sie streifen das ein und machen nicht eine einzige Entlastung für die Menschen: keine einzige Entlastung, keine einzige Maßnahme zur Ankurbelung der Kaufkraft in diesem Land, nichts für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, keine Lohnsteuersenkung, die notwendig wäre, weil die Einnahmen daraus von 18 auf 20 Milliarden gestiegen sind. (Abg. Strache: Vergessen Sie eigentlich die ÖVP völlig? Haben wir eine Alleinregierung? Oder sind Sie jetzt der ÖVP-Apostel?)

Wir fordern, dass die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilhaben dürfen am Erfolg und dass endlich auch die Steuern für die fleißigen Menschen in die­sem Land gesenkt werden! Das ist unsere Erwartung, die wir haben. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Parnigoni: Er fühlt sich noch als Teil der ÖVP.)

Sie können sich ja ein Beispiel nehmen, Herr Kanzler Gusenbauer, wenn man objektiv vergleicht: Was ist in dem ersten halben Jahr in Ihrer Regierungszeit hier im Parlament an beschlossenen Vorlagen durchgegangen, und was hat die Regierung Schüs­sel/Riess-Passer im Jahr 2000 alles beschlossen? (Ruf bei der SPÖ: 58 Gebührener­höhungen!) Ich werde Ihnen das sagen, weil Sie das wahrscheinlich schon vergessen haben: Wir haben das Kindergeld eingeführt, das Sie jetzt plötzlich kritisieren. Wir ha­ben eine Pensionssicherungsreform durchgeführt. Wir haben die Behindertenmilliarde beschlossen. Wer lacht da, wenn ich sage, Behindertenmilliarde? Nur damit wir es wis­sen, die großen Sozialpolitiker. (Abg. Parnigoni: Suppenkasperl!)

 


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