Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll31. Sitzung / Seite 185

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Das ist aber etwas ganz anderes als die Frage der Religionsfreiheit. Trotzdem muss es aber auch eine Diskussion über den gesellschaftspolitischen Islam geben. Was ich nicht will, ist, dass es eine Religionsinterpretation gibt, die mir quasi diktiert, wie ich zu leben habe. Das ist nicht zu akzeptieren (Abg. Dr. Einem: Bei keiner Religion!) und daher bin ich besonders heikel, was die Achtung und den Respekt der Grundgesetze und der Gesetze betrifft. Das betrifft alle.

Jetzt sage ich noch etwas, weil Sie vorhin Moscheen und Minarette auch noch angesprochen haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo! Jetzt kommt’s!) Es gibt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 5. September einen Beitrag mit dem Titel „Das Minarett ist ein Herrschaftssymbol“ von dieser Sozialwissenschafterin Necla Kelek, die heute schon zitiert wurde. Da wird dann unter anderem gesagt, Moscheen sind selbst nach muslimischer Lesart keine Sakralbauten wie Kirchen und Synagogen. Es wird mehr oder minder gesagt, das ist das Zentrum einer Gegengesellschaft. – Wenn es ein Sakralbau ist, wenn es ein Gebetshaus ist, ist es Gegenstand der selbstverständlichen Freiheit einer Religionsgemeinschaft – mit Kuppel, mit Minarett –, eine solche hier zu errichten. Wenn es das Zentrum einer Gegengesellschaft ist, dann bin ich dagegen. Es ist ganz einfach, man muss hier differenzieren. Da gibt es keine Automatik. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie stellen Sie das vorher fest? Fragen Sie die Leute vorher beim Reingehen: Sind Sie Extremist oder nicht?) – Nein, nein, Ihre Automatik ist auch die Ihres Kollegen Westenthaler. Sie stellen sich her und sagen, das ist automatisch eine Gegengesellschaft. (Abg. Strache: Nicht in dem Bereich, da bin ich ausnahmsweise der Meinung der Grünen!) Das ist automatisch der Boden für Terrorismus, das ist automatisch mit Hasspredigern, das ist automatisch mit Islamismus verbunden. Wozu ich appelliere, ist, es muss eine differenzierte Diskussion dazu stattfinden. Das ist ganz, ganz wesentlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn die Diskussion – wofür ich wirklich plädiere – hier nicht differenziert ist, wenn mit Emotionen gespielt wird, wenn polarisiert wird, dann sage ich Ihnen, dann arbeiten Sie denen in die Hände, die in Wirklichkeit wollen, dass alle Musliminnen verhüllt sind, die auch wollen, dass alle Musliminnen einen Tschador oder ein Kopftuch tragen. Dann arbeiten Sie denen in die Hände, die in Wirklichkeit einem politischen, bis hin sogar auch gewaltbereiten Islam das Wort reden. Genau das wollen wir nicht, sondern wir wollen, dass es hier zu einer modernen Interpretation kommt, auf Basis unserer Grundrechte, im Rahmen der Religionsfreiheit mit uns gemeinsam in unserer Demo­kratie, integrationsbereit und auch bereit, die deutsche Sprache zu lernen.

Aber da müssen wir alle mit, da müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen und dann dürfen wir uns nicht gegenseitig irgendetwas unterstellen. (Abg. Strache: Aber eure Integrationspolitik hat nicht dorthin geführt in den letzten Jahrzehnten!) Das wäre meiner Meinung nach nicht richtig und ich glaube, auf dieser Basis kann man das auch wirklich erarbeiten.

Noch ein letztes Wort – kein letztes Wort, meine Zeit ist abgelaufen ... (Das rote Lämp­chen am Rednerpult leuchtet.) Aber einen letzten Satz noch, was die Scharia betrifft: Natürlich wird das auch gesagt. Hier in diesem Artikel, der Teil der Kölner Diskussion über den Moscheebau ist, wird auch gesagt – ich glaube von Ralph Giordano –, die Scharia ist eine Hemmung, ein Hindernis, um den Islam wirklich zu modernisieren. Keiner will sie. Die fortschrittlichen Muslime wollen sie nicht und wir können sie auch nicht wollen. Die Scharia kann nicht über unsere Gesetzesordnung gestellt werden, das ist ebenfalls nicht zu akzeptieren.

Mein Appell: eine Diskussion. Die Bevölkerung ist daran interessiert. Ich weiß auch aufgrund meiner politischen Arbeit, dass Interesse besteht. (Abg. Strache: Die Regie­rung muss das umsetzen!) Wir sollten uns dem in Verantwortung stellen, auf Basis


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