Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll31. Sitzung / Seite 233

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wird darauf in Zukunft statt „Schuldnerberatungsstelle“ „Schuldenberatungsstelle“ stehen. Was wir brauchen, sind nachhaltige Reformen zur Schuldenvermeidung und zur Entschuldung.

Die Schuldenspirale dreht sich immer schneller. Österreich ist ein Land, in dem die Privatverschuldung schlimme Ausmaße angenommen hat, und entgegen landläufiger Meinung sind es nicht nur die Schuldner selbst, die wegen finanziellen Unvermögens daran Schuld tragen, nein, es ist auch die Gesetzeslage in Österreich, die diese Situation herbeigeführt hat.

Österreich ist in Europa das einzige Land, das die Drittschuldneranfrage kennt. Das heißt, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger einem Gläubiger den Arbeitgeber des Schuldners nennt. Vor 1986 musste ein Gläubiger eine Datei beauf­tragen und hatte damit ein viel höheres Risiko und viel höhere Kosten bei der Schuldeneintreibung. Jetzt sind die Kosten niedriger, das Risiko ist niedriger, und daher werden Konsumkredite viel schneller vergeben. Es wird die Bonität möglicher Geschäftspartner mit viel geringerer Sorgfalt geprüft.

Das Lukrativste ist immer noch das Geschäft mit dem Zahlungsverzug. Ein Kunde, der seine Schulden nicht zurückzahlen kann, aber Arbeit hat und die laufenden Zinsen zahlen kann, ist das sicherste Geschäft für eine Bank.

Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Er ist auch deswegen gegeben, weil bei der Drittschuldnerbestimmung völlig Unschuldige zum Inkassobüro der Gläubiger werden, nämlich die Arbeitgeber der Schuldner. Diese müssen nämlich im Rahmen einer Gehaltsexekution den Aufwand tragen und die Gehaltsexekution berechnen. Das ist ein Aufwand, der die Unternehmen etwas kostet. Das führt aber auch dazu, dass Schuldner schwerer einen Arbeitsplatz finden oder die Ersten sind, die gekündigt werden, weil natürlich das Unternehmen den mit diesen Schuldnern verbundenen Aufwand scheut.

Ich glaube daher, dass diese Kostenüberwälzung unzulässig ist und die Situation der betroffenen Schuldner deutlich erschwert. Ihre Situation wird aussichtsloser, sie wird verschärft, und die Schuldenspirale dreht sich schneller.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Schuldner immer jünger werden. Immer öfter sind Selbstständige davon betroffen. Unser Existenzminimum ist im Vergleich zu Deutschland geringer, und der Privatkonkurs ist kein taugliches Mittel, um der Schuldenfalle zu entkommen. Man kann sagen, in Österreich ist es so, dass die Gesetzgebung nicht die Verschuldensvermeidung, sondern die Schuldeneintreibung fördert.

Deswegen habe ich mit großer Freude vernommen, dass das Bundesministerium für Justiz Reformen in diesem Bereich plant. Meine Bitte an Sie, Frau Minister, ist: Machen Sie nicht kleine Reformen, sondern trauen Sie sich einen echten Reformzugang zu, machen Sie einen echten Systembruch! Ich würde mich freuen, wenn wir in einigen Monaten diesbezüglich von Ihnen hören würden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.05


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Haimbuchner. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Haimbuchner – auf dem Weg zum Rednerpult –: So lange wird es nicht dauern!)

 


18.05.28

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Rechtsanwalts­anwärter in einer kleinen, ländlichen Kanzlei ist man immer wieder mit dem Schicksal


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