Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung / Seite 29

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Entschließungsantrag

des Abgeordneten Van der Bellen, Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschiebestopp für Integrierte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag der Abgeordneten Alex­ander Van der Bellen, Brigid Weinzinger, Freundinnen und Freunde betreffend Bleibe­recht für Integrierte

Die mediale Berichterstattung zu den Abschiebefällen ist bekannt. Langjährig in Öster­reich Integrierte sollen einer neuen Strategie des Innenministeriums zufolge gehäuft abgeschoben werden. Betroffene werden in Flüchtlingsquartieren, oder in ihren Woh­nungen, oft sogar in Nacht- und Nebelaktionen, festgenommen. Kinder werden am Schulweg von Polizisten abgefangen und auf die Polizeistation verbracht. Menschen tauchen aus Verzweiflung unter. Verzweiflungstaten von Kindern aus Angst vor Ab­schiebung werden als Angriff auf die Ordnung und Sicherheit und als Erpressungsver­suche bezeichnet. Das ist Österreich im Herbst 2007.

Unter dem Druck öffentlicher Berichterstattung werden in einem Fall Zugeständnisse wie Abschiebeaufschübe erteilt, in hunderten gleich gelagerten Fällen jedoch nicht. Die Folge ist behördliche Willkür.

Ebenfalls unter dem Druck der Ereignisse hat der Innenminister vor dem Sommer eine Lösung der Problematik mittels eines Formulars und eines Kriterienkataloges zur Beur­teilung humanitärer Causen angekündigt. Bis heute ist nicht klar, wie dieser Katalog ausschaut und wie die einheitliche und sofortige Anwendung sichergestellt sein soll. Es gibt keine Einigung der Landeshauptleute darüber. Stattdessen treten täglich neue Fälle von Abschiebungen langjährig in Österreich lebender und gut integrierter Men­schen und Familien auf. Diese in Serie auftretenden dramatischen Schicksale werden vom Innenministerium als „Einzelfälle“ eingestuft und bleiben bis heute menschen­rechtlich unbefriedigend gelöst. Bis auf das Formular und den angekündigten Kriterien­katalog gibt es keine Maßnahmen. Es hat sich nichts an der Vorgangsweise beim Er­halt humanitärer Aufenthaltsgenehmigungen gegenüber Integrierten geändert. Nach wie vor haben die Länder keinerlei Mitspracherecht und ist völlig ungeklärt, wie Ge­meinden oder die Länder in das intransparente Gnadenprozedere um den Erhalt einer humanitären Aufenthaltsbewilligung verbindlich eingebunden werden sollen.

Eines ist klar. Der Innenminister unterschätzt die Zahl der Betroffenen. Zu ca. 6000 offenen Langzeitasylverfahren kommen tausende bereits in den letzten Monaten und Jahren abgeschlossene Langzeitasylverfahren dazu. Die Betroffenen waren integriert und sind daher noch im Land. Aufgrund sinkender Asylantragszahlen, müssen jetzt ältere Asylakten vermehrt einer Erledigung zugeführt werden. Die Serie an Betroffenen wird in den nächsten Monaten unvermindert weitergehen.

Dieser großen Anzahl an Betroffenen kann man nicht mit einem veränderten „Formu­larwesen“ begegnen. Die zuständige Abteilung des BMI ist ohne Sofortmaßnahmen völlig überfordert, eine so große Anzahl an Sachverhalten auch nur annähernd in einem vernünftigen Zeitraum zu bearbeiten.

Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung vom 20.7.2007 weiß der Innenmi­nister nicht einmal, was aus den in den letzten Monaten angeblich 280 abgeschlosse­nen, über 10 jährigen Asylverfahren geworden ist. Er kann nicht sagen, wie vielen Per­sonen davon Asyl gewährt wurde, und vor allem, wie viele nach der Ablehnung des Asylantrags nun ohne ein Bleiberecht vor der Abschiebung stehen.

Die fremdenpolizeilichen Vollzugsbehörden sind überfordert. Sie müssen Ausweisun­gen erlassen und Abschiebungen durchführen, weil das Innenministerium eine humani-


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