Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung / Seite 34

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

13.15.50

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Professor Van der Bellen hat vorige Woche anlässlich einer De­monstration – ich habe es jedenfalls im „Kurier“ so gelesen – wörtlich erklärt: „Ich schä­me mich an dieser Stelle, Österreicher zu sein.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Pfui! Wider­wärtig!) – Herr Professor, ich sage Ihnen offen: Ich bin stolz, Österreicher zu sein – und das aus guten Gründen! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Dieses Land hat seit dem Jahre 1945 2 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, und zwar immer in kritischen, in Kriegssituationen. Da ist nicht viel gefragt worden. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das Land schon, aber Sie nicht!) Wir haben 180 000 Ungarn aufgenom­men (Abg. Zwerschitz: Damals!), 160 000 Tschechen und Slowaken, 30 000 Polen, als das Kriegsrecht verhängt wurde. Wir haben während des Bosnien-Krieges 90 000 Bosnier aufgenommen, 13 000 Kroaten und 5 000 Kosovo-Albaner. Die meis­ten, fast alle von ihnen sind wieder in ihre Heimat zurückgekehrt oder haben um Zu­wanderung in Drittländer ersucht.

Ich lasse mir und unserem Heimatland nicht vorwerfen, dass es nichts getan hat! Gera­de beim Kosovo ... (Abg. Sburny: Sie sind das Heimatland? – Abg. Dr. Van der Bel­len: Nicht Sie allein sind Österreich!) – Unser Heimatland ist Österreich, ja, und gerade Österreich und die Europäische Union haben gerade für den Kosovo unendlich viel ge­macht, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Was hätten denn sonst die 17 000 europäischen, meist europäischen Soldaten für einen Sinn?! Unser größtes internationales Kontingent ist dort vor Ort, um Frieden und Sicherheit zu schaffen. Wir haben gemeinsam weit über 1 Milliarde € an Wirtschafts­hilfe in den Kosovo hineingepumpt, damit dort eben keine Ruinen stehen bleiben, Herr Professor, sondern damit dort genauso wie bei uns nach dem Jahr 1945 wiederaufge­baut werden kann.

Ich sage Ihnen offen: Ich bin stolz, Österreicher zu sein! Ich weiß, dass dieses Land immer geholfen hat und immer offen war, wenn es um solche Notsituationen gegangen ist – und daran wird sich auch nichts ändern! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Aber dazu gehört auch die Treffergenauigkeit. Es geht darum, dass man genau unter­scheidet: Was ist Asyl, was ist Zuwanderung? Für mich, Herr Professor, ist Asyl ein heiliges Recht. Jemand, der in einer Kriegssituation fliehen muss, der mit Leib und Le­ben bedroht ist, von einer Diktatur, der hat natürlich das Recht, in demokratischen Län­dern um Aufnahme zu bitten. Diese wird ihm auch gewährt; da gibt es rechtsstaatliche Verfahren, die, das steht außer Streit, überhaupt niemand in Frage stellt. Ich glaube aber nicht, dass man unter dem Deckmantel, Asyl zu suchen, einfach illegal zuwan­dern kann, und ich bitte Sie, Herr Professor, diese Unterscheidung ebenfalls vorzuneh­men. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Genau darum geht es in dem Anlassfall, den Sie heute hier richtigerweise und auch dankenswerterweise thematisieren.

Es sind natürlich viele berechtigte Argumente und auch kritische Punkte angesprochen worden. So zum Beispiel: Die Verfahren dauern zu lange. – Das stimmt, und ich
bin der Erste, der sagt: Dort, wo aus Schuld der Behörde ein Verfahren zu lange dau­ert, muss der Innenminister gemeinsam mit den Landeshauptleuten und Bürgermeis­tern darauf schauen, eine menschliche und gute Lösung zu finden!, aber in diesem ganz konkreten Fall trifft das überhaupt nicht zu. Da haben nämlich die Behörden in einer geradezu atemberaubenden Geschwindigkeit entschieden. Herr Zogaj ist im Mai 2001 – zwei Jahre nach dem Krieg – nach Österreich gekommen, und zwar illegal, über einen Schlepper. Er hat dafür bezahlt. Ein Jahr später hatte er bereits den negati­ven Asylbescheid und war vom Bundesasylamt in Kenntnis gesetzt worden, dass er


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite