Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 107

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Heute heißt es, wenn man sich das Beispiel Pensionen anschaut: lange Arbeitszeit, 40 Jahre, 45 Jahre durchdienen und trotzdem Abschläge. – Dafür leisten Sie sich den Luxus eines Pensionistenchefs, der offensichtlich mit seiner Pension schon so abgeho­ben ist, dass er glaubt, dass ein Kilo Brot zwischen 10 und 13 € kostet. Auch das ist ein Sittenbild der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren! (Abg. Grillitsch: Der Ble­cha!)

Ich sage Ihnen das deshalb im Zusammenhang mit der jetzigen Diskussion, weil das alles Mosaiksteine einer verfehlten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind – dort einmal ein kleinerer, dort einmal ein größerer, aber insgesamt ergibt sich daraus ein Bild des Jammers, wenn man die Dinge nur so anschaut, wie sie sich tatsächlich darstellen.

In dieses Bild des Jammers passen natürlich auch einzelne Punkte im Bereich der Än­derung des Arbeitsverfassungsgesetzes dazu, nämlich dort, meine Damen und Herren, wo es darum geht, eine konsequente, eine durchgängige und damit eine effektive Ver­tretung von Arbeitnehmerinteressen im Zuge der Verschmelzung von Kapitalgesell­schaften sicherzustellen.

Meine Damen und Herren, es ist eben nicht geklärt, wie es mit der Vertretung der Ar­beitnehmer in den Betrieben ausschaut, wo es keinen Betriebsrat gibt. Jetzt sind wir uns alle in diesem Haus mehr oder weniger darüber einig – die einen, weil es sie freut, die anderen, weil sie sich darüber ärgern –, dass überall dort, wo EU, wo Europäische Union draufsteht, die soziale Komponente mit der Lupe zu suchen ist. Sie werden das nicht in den Überschriften finden, sondern Sie müssen den Fußnotenapparat bemühen, um da irgendetwas Soziales herausdestillieren zu können.

Auch wenn man der EU vieles vorwerfen kann, meine Damen und Herren, eines kann man ihr nicht vorwerfen, nämlich dass sie vom Geist der sozialen Verantwortung durchdrungen wäre.

Ich würde einmal so sagen, dass die EU mit dem sozialen Gewissen ungefähr so viel zu tun hat wie die ÖVP-Perspektivengruppe mit dem Erhalt der österreichischen Neu­tralität. Dann haben wir es auf den Punkt gebracht, dann wissen wir, wie es darum be­stellt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann ist es so, meine Damen und Herren, dass diese eine berühmte sozialpolitische Schwalbe – so möchte ich das bezeichnen – kommt, die ja bekanntlich noch keinen Sommer macht, aber immerhin eine Schwalbe in Form dieser Verschmelzungsrichtli­nie, die uns vorschreibt, dass wir endlich Regelungen für die Mitbestimmungen in die­sen grenzüberschreitenden Gesellschaften für die Arbeitnehmer definieren.

Was machen Sie mit dieser Schwalbe? – Sie lassen sie fliegen, anstatt sie zu ergrei­fen, und lassen auch diese Chance aus, endlich in einem Bereich für die Arbeitnehmer eine Sicherstellung zu erreichen.

Da muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, das ist schon ein besonderes Kunststück. Wenn Sie dann noch daherkommen und den Arbeitnehmern erklären, dass es ihnen jederzeit freisteht, dass sie sich selbst einen Betriebsrat wählen, und Sie damit dieses Problem sozusagen als aus der Welt geschafft erklären, dann muss ich Ihnen sagen, das ist kein Beitrag zu einer Lösung des Problems, sondern das ist maxi­mal ein zynischer Kommentar zu einer Lage, die durchaus ernst ist, weil Sie nämlich ganz genau wissen, meine Damen und Herren, dass es Arbeitnehmern in Betrieben mit weniger als fünf Mitarbeitern eben nicht möglich ist, sich frei einen Betriebsrat zu wählen, weil Sie ganz genau wissen, dass man nicht mit Blumen und Champagner empfangen wird, wenn man sich gewöhnlich bei den Unternehmern meldet und mit der Idee kommt, einen Betriebsrat gründen zu wollen. Mit diesem Verweis machen Sie die Sache in Wahrheit nur schlimmer, als sie ohnehin schon ist.

 


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