Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 200

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Aber wir müssen feststellen, es ist ihr gelungen: Österreich hinkt mittlerweile der euro­päischen Rechtsentwicklung nach (Ruf: Das stimmt!), nicht nur im angesprochenen Bereich, sondern im Scheidungsrecht, im Namensrecht, bei der Regelung der Lebens­gemeinschaften, aber auch in der Frage der Gleichstellung von hetero- und homosexu­ellen Partnerschaften. – Es ist schon angesprochen worden: In fast allen Ländern gibt es diese Institute schon – Polen und Italien sind die großen Ausnahmen –, selbst im katholischen Spanien fürchtet sich heute niemand mehr vor einer gleichgeschlecht­lichen Partnerschaft, die rechtlich abgesichert ist. (Beifall bei den Grünen.)

Die entscheidende Frage – weil dieser Fristsetzungsantrag offensichtlich solche Prob­leme macht – ist: Wovor fürchten Sie sich? – Ich glaube, die Zeiten sind vorbei, wo uns gesellschaftspolitische Fundamentalisten sagen, was gut und richtig und was einzigar­tig ist.

Wenn zwei Menschen zueinander stehen wollen, dann ist es Aufgabe der Politik, dafür das geeignete Rechtsinstitut zu liefern. Wir brauchen keine Sondergesetze für Schwule und Lesben, sondern wir brauchen eine wirkliche Gleichstellung. Wir brauchen die Regelung der Lebensgemeinschaften, den Zivilpakt und die Ehe, weil sie jeweils eine unterschiedliche Intensität der Bindung aneinander bringen.

Mit welcher Berechtigung wird die Öffnung der Ehe verweigert? – Jetzt habe ich es endlich einmal aus erster Hand erfahren: Die Ehe ist das tragende Fundament der Familie. (Abg. Dr. Stummvoll: Ja!) – Mit welcher Präpotenz definieren Sie „Familie“ eigentlich? (Beifall bei den Grünen.)

Warum ist für Sie die gleichgeschlechtliche Liebe nicht auch eine Form der Familie? Wie viele heterosexuelle Ehen sind kinderlos? Ist das eine Familie oder ist das keine Familie? – Laut meiner Definition sind auch solche Ehen eine Familie! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Wenn Sie frustriert sind, weil Ihr Weltbild schön langsam davonschwimmt, dann diskutieren Sie das in Ihren Zirkeln, aber verschonen Sie uns damit! (Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Trotzdem gibt es auch Dinge, die man lobend erwähnen muss: Es gibt ja offensichtlich so etwas wie ein zartes liberales Pflänzchen in der ÖVP. (Abg. Lutz Weinzinger: Was hat das mit ... zu tun?) Die ersten Blätter sprießen, aber jetzt besteht eben die große Gefahr, dass von einigen wieder der Rasenmäher angeworfen wird. Wir werden uns anschauen, ob das Pflänzchen wachsen kann, oder ob doch der Rasenmäher kommt.

Spannend ist auch noch die Feststellung der Perspektivengruppe, weil sie einen Quan­tensprung für die ÖVP bedeutet (Abg. Lutz Weinzinger: Nach hinten!), die ÖVP ist so­zusagen vom 19. ins 20. Jahrhundert gewechselt. – Schauen wir uns einmal gemein­sam an, wie lange es dauert, bis Sie in der Gegenwart ankommen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lutz Weinzinger: ... Minderheit!)

Spannend ist auch der Zugang von Kollegin Ablinger zum Fristsetzungsantrag: Wäh­rend man offensichtlich schon einen Grundkonsens darüber hat – die ÖVP hat sich be­wegt, die SPÖ war schon länger dafür –, dass sich in diesem Bereich etwas tun muss, sagt man, man braucht Zeit. – Ich erinnere Sie an den Banken-Untersuchungsaus­schuss: Da war man plötzlich an einer heißen Sache dran, da war der Fristsetzungsan­trag plötzlich ein taugliches Mittel, damit man die ganze Geschichte innerhalb von zwei Tagen „abdrängt“. Da hat offensichtlich der Faktor Zeit keine Rolle gespielt. (Ruf: Das ist eine Warnung!)

Trauen Sie sich etwas! Stimmen Sie unserem Fristsetzungsantrag zu! Das wird garan­tieren, dass die ÖVP dabei bleibt, dass keine Zeit bleibt, dass die Rasenmäher ange-


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