Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 89

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werden Busse aus öffentlichen Geldern – um solche handelt es sich – bezahlt, um Leute zu politisch missliebigen Veranstaltungen zu bringen, um dort Prügeleien anzu­fangen. Dann hat die Polizei einen Grund einzuschreiten, und so weiter und so fort.

Das kann – wie Kollege Martin Graf schon berichtet hat – nur seltsamen Gemütern An­lass zum Lachen geben. – Mir gibt es eher Anlass zum Schrecken. Man kann natürlich auch die Augen verschließen und mit verbundenen Augen in Sümpfe hineinwaten, aber ich bin bisher der Auffassung, dass das nicht Standard der österreichischen Rechts- und politischen Kultur ist.

Die unmittelbare Ursache meines Wunsches, heute zu diesem Punkt zu sprechen – abgesehen davon, dass ich selbst einmal RFS-Funktionär gewesen bin, die Hochschü­lerschaft kenne und nicht aus den achtziger, sondern aus den sechziger Jahren Ge­schichten erzählen könnte –, ist, dass wir ein Element einer Zwangsbeglückung einfüh­ren, also Zwangsmitgliedschaft der Fachhochschulangehörigen bei der Hochschüler­schaft.

Das führt mich dazu, dass wir jetzt überhaupt in einem auch witterungsmäßig adäqua­ten Verhältnis leben, es sind jetzt nämlich trübe Tage für die Republik Österreich. Denn wie zu hören ist, soll ja im heutigen Ministerrat als Gegenstand der Verfassungsände­rung eine Regierungsvorlage beschlossen werden. Wenn der Schrecken vollkommen ist, soll unter anderem auch das System der Zwangsmitgliedschaft, das die Kammern kennzeichnet, im Wege der Aufnahme von edlen und guten Kammern in die Verfas­sung Eingang finden. Edle und gute Kammern sind natürlich jene, die die Sozialpart­nerschaft tragen. Dann gibt es garstige Kammern – das sind die freiberuflichen, die in diesem Ansatz selbstverständlich gar nicht vorkommen.

Dazu passt, dass von manchen dieser gesegneten Münder nunmehr auch das Hohe­lied des Mehrheitswahlrechtes angestimmt wird, sodass wir ein Kontinuum haben: ein System der Pflichtmitgliedschaft – ich wiederhole, dass von freiheitlichem Standpunkt Pflichtmitgliedschaften a priori abgelehnt werden –; zweitens: Pflichtmitgliedschaften in Kammern, die die höhere Weihe der Republik genießen, weil sie die sogenannte So­zialpartnerschaft darstellen. Auf diesem Wege kommt es zu einem möglichen Eingang in die Verfassung. Dazu stempeln wir noch auf den Unschuldsrücken der Kinder der Republik das System des Mehrheitswahlrechtes, damit wir die ungeliebten Opposi­tionsparteien doch möglichst wegbringen. Dann haben wir ein gewisses Wechselspiel, vermutlich zwischen Rot und Schwarz. Blaue und Grüne, BZÖ brauchen wir dann nicht mehr, das stört. Dann gibt es vielleicht einen oder zwei, und wir sehen einer viel rosigeren Zukunft entgegen.

Meine Damen und Herren, es gab einen Politiker, auf den bezogen parteiliche Gegen­sätze eigentlich schon der Vergessenheit anheimfielen, der, nachdem er als Bundes­kanzler gewählt worden ist, eine große Anstandstat vollbracht hat, indem er das ge­rechte Wahlsystem eingeführt hat. Das war Dr. Bruno Kreisky. Er hat das proportionale Wahlrecht eingeführt, und damit lebt die Republik seit dem Jahr 1970 gut. Ich warne davor, aus aktuellen Machtspielereien dieses Prinzip zu vergessen; ich warne davor, Interessenvertretungen in die Verfassung reinzunehmen, und ich werbe dafür, Pflicht­mitgliedschaften in den Interessenvertretungen abzuschaffen.

Das alles sei jenen ins Stammbuch geschrieben, die bei jeder Gelegenheit die Freiheit, um die sie ringen, auf den Lippen führen, sie aber, wenn es um Macht geht, gerne in den Abgrund oder in ein Grab gießen würden. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

14.08


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


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