Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 53

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Regierungen und dem Europäischen Parlament in Brüssel als zweiten Teil der Legis­lative.

Die Bedeutung der Grundrechtscharta, jetzt rechtsverbindlich, wurde schon betont – ein wesentlicher demokratiepolitischer Fortschritt.

Ein weiterer Punkt: Die EU wird handlungsfähiger durch die größere Verbreitung der Mehrstimmigkeit bei Entscheidungen des Rates und durch ein anderes Stimmgewicht innerhalb des Rates, wenn auch aufgrund der polnischen Interventionen erst in zehn Jahren, aber so ist eben europäische Politik, dass es manchmal sehr lange dauert. (Abg. Mag. Hauser: Sie bestätigen genau das, was wir sagen: Wir haben nichts mehr mitzureden!)

Noch etwas, was auch Sie interessieren wird, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen und vom BZÖ: Ich finde noch etwas sehr gut, nämlich dass erstmals die Möglichkeit des freiwilligen Austritts aus der Union geregelt ist. Ich persönlich habe es satt, jetzt über bald zehn Jahre über diese Reformverträge und Verfassungsverträge zu diskutieren. (Abg. Kickl: Das ist ja heute für Sie ein Feiertag!) Wir ratifizieren hier im österreichischen Parlament, jedes Mal mit den Stimmen der Grünen – dann klappt es irgendwo nicht, und es kommt die nächstschwächere Version. Für diesen Prozess habe ich langsam kein Verständnis mehr.

Wenn jetzt wieder ein Land aus dem Reformprozess ausschert, dann würde ich die Kolleginnen und Kollegen dort, wo immer das sein mag, und sei es ein Gründungs­mitglied der Europäischen Union, höflich bitten, über den freiwilligen Austritt aus der Union nachzudenken und eine Art privilegierte Partnerschaft mit der Union neu zu verhandeln. (Ruf bei der FPÖ: Gilt das auch für Österreich?)

Auf der Minusseite dieses Vertrags ist natürlich auch etwas zu finden. Herr Klubob­mann Schüssel hat das Ratstreffen in Laaken angesprochen, wo alle geschwärmt haben, Sie, wir auch ein bisschen, über die neue Transparenz, die Bürgerfreund­lichkeit, die einfache Lesbarkeit eines solchen Vertrages. Dieser Vertrag ist absolut unleserlich! Sie brauchen jede Menge Experten, um sich darin zurechtzufinden. Das ist weitaus schlimmer als die 747. Novelle zum ASVG, die ja auch nur Experten ver­stehen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist aber schwierig, das zu übertreffen!) Das steht auf der Minusseite.

Nicht richtig ist, was manche immer noch glauben, auch schon beim Verfassungs­vertrag geglaubt haben, nicht richtig ist, dass das ein neoliberales Pamphlet ist, mit Sicherheit nicht. (Abg. Strache: Die Industrie hat sich durchgesetzt!) Und nicht richtig ist, dass hier die österreichische Neutralität gefährdet wird. Nein. Die österreichische Neutralität war einerseits betroffen durch den Beitritt zur Europäischen Union im Jahre 1995 und andererseits durch den Vertrag von Amsterdam – aber nicht durch diesen, der in dieser Beziehung nichts Neues bringt. (Abg. Strache: Das war schon eine Teilaushöhlung, jetzt geht es um eine weitere!)

In aller Deutlichkeit, Herr Kollege Strache, sage ich Ihnen: Wer jetzt 27 nationale Volksabstimmungen fordert, der sagt nichts anderes, als dass dieser Reformvertrag scheitern soll. (Abg. Strache: Das ist das demokratische Grundrecht! Da geht es um demokratisches Grundrecht, das Sie nicht zulassen wollen!) Und das ist Ihre wahre Intention: Sie wollen auf diesem Umweg einfach den Reformvertrag umbringen, weil Sie glauben, dass die Bevölkerung Ihrer Meinung ist. Ich glaube das nicht. (Abg. Dr. Graf: Alle Macht geht vom Volk aus! – Abg. Strache: So ist das, wenn man sich eine neue Verfassung gibt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 


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