Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 69

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alle als sehr selbstbewusst –, oder Sie wissen, und das ist schon eine bittere Erkennt­nis, dass das, was Sie vorhaben, von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht goutiert wird (Beifall bei der FPÖ), dass Ihre politischen Ziele nicht mehr mit dem Willen und dem politischen Wollen der Österreicher übereinstimmen, wollen es aber einfach trotzdem machen. Ich befürchte, dass das die realistische Variante ist, vor allem wenn ich mir auch die Reaktion auf die gescheiterte Verfassung anschaue.

Man würde sich denken, wenn es einen politischen Entwurf gibt und er in Volksabstim­mungen scheitert – in Holland und Frankreich –, kann es demokratischer Auffassung zufolge ja nur eine Reaktion geben: Ich habe mit meinen politischen Zielen nicht den Willen der Bevölkerung getroffen, ich muss mich korrigieren. – Allenfalls kann ich noch versuchen, einen neuen Anlauf zu nehmen und es besser zu erklären, aber grund­sätzlich muss ich mich fragen: Wo ist eine Korrektur notwendig?

Die Reaktionen waren völlig andere, allein in der Begrifflichkeit: eine „Abstimmungs­panne“. – Es kann nie eine Abstimmungspanne geben! Dem Volk wird etwas zur Abstimmung vorgelegt, und es sagt ja oder nein. Und wenn ich Demokrat bin – Sie leben ja in keinem patrimonialen System –, dann muss ich das akzeptieren. Ich kann mir nur hinterher den Vorwurf machen, dass es mir nicht gelungen ist, dem von mir für richtig Erkannten zu einer Mehrheit zu verhelfen, aber ich muss es akzeptieren.

Sie haben das nicht gemacht. Im Gegenteil, Sie haben gesagt: Unsere Aufgabe, das haben wir als Auftrag verstanden – heute hat man es beim Herrn Bundeskanzler wieder gehört –, war nun, darüber nachzudenken, wie wir den größtmöglichen Anteil aus dieser Verfassung retten können. – Überhaupt nicht! Das war nicht im Geringsten Ihre Aufgabe! (Bundeskanzler Dr. Gusenbauer: Oh ja!) – Ihre Aufgabe wäre es gewe­sen, zu korrigieren. Wenn Sie Demokrat sind, dann wäre Ihre Aufgabe gewesen, Ihre Meinungen mit denen des Volks in Einklang zu bringen, und nicht umgekehrt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Der ist zu Grabe getragen worden, der ...!)

Die Frau Außenministerin hat von einer „Kluft“ zwischen der von ihr erkannten Reali­tät – sie hat Realität gesagt! – und der Stimmung gesprochen. – Das ist eine Überheb­lichkeit, die ich im Namen aller Österreicher wirklich auf das Schärfste zurückweise! (Beifall bei der FPÖ.) – Da die Vernunft und das Argument – und dort, beim Volk, die Emotion, das Nichterkennen und die Stimmung?! – Dem ist nicht so!

Es gibt gute Argumente, die uns dahin bringen, zu sagen, dass es ohne Volks­abstimmung auf keinen Fall gehen kann und dass wir von diesem Reformvertrag auch aus anderen inhaltlichen Gründen nichts halten.

Der erste ist: Irgendjemand hat auch gesagt, die Souveränität der Nationalstaaten bleibt bestehen – das ist ja überhaupt nicht der Fall! Was ist das Kennzeichen der Souveränität schlechthin? – Es ist das Recht, sich selbst Gesetze zu geben, hier in diesem Haus. Daran ist die Souveränität ganz besonders stark geknüpft.

Wie schaut es damit aus? – Das war schon bei dem vorgelegten Verfassungsvertrag unser Hauptkritikpunkt und der Grund, warum ich als Einzige in diesem Haus – und darauf bin ich stolz: dass Sie „mehrheitlich“ sagen müssen, und nicht „einstimmig“ sagen können – dagegen gestimmt habe. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Punkt ist folgender: Wenn es einen Widerspruch zwischen einem hier gefassten Gesetz und einer EU-Richtlinie gibt, dann hat das EU-Recht Vorrang, und kein noch so gefinkelter und findiger Redner kann diesen Widerspruch wegdiskutieren.

Dieser Widerspruch ist bedeutend, denn der erste Satz unserer Bundesverfassung heißt: Das Recht geht vom Volk aus. – Der Vorrang des EU-Rechts bedeutet, das Recht wird in Brüssel gemacht. – Das heißt, eine Volksabstimmung ist zwingend notwendig. (Beifall bei der FPÖ.)

 


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